Der Mini Clubman war ursprünglich gar kein Kombi

4 Jahre, 11 Monate her - 11 Dezember 2019, Krone Zeitung
Der Mini Clubman war ursprünglich gar kein Kombi
Heute ist er der Maximus unter den MINIs, ein geräumiger Lifestyle-Kombi für Landlust-Fans.

Daran war 1969 noch nicht zu denken, denn damals debütierte der Mini Clubman vor allem als Facelift des alternden zweitürigen Originals. Mit langer Chrom-Nase sollte der Zwerg neue Kompakte kontern und den Cooper ersetzen.

Vor 50 Jahren feierte sich „Swinging London" letztmals als Epizentrum der Mode- und Popwelt der Sixties: die Beatles präsentierten das Album „Abbey Road", Modemacherin Mary Quant ließ den Minirock zum Micro-Mini schrumpfen und die British Leyland Motor Corporation (BLMC) zeigte ihren alternden Millionseller Mini in provozierend Chrom-glänzender Couture fürs kommende Jahrzehnt. Clubman nannte sich diese neue Topversion des kultigen Cityflitzers und inszeniert wurde sie vom früheren Ford-Designer Roy D. Haynes in opulenter Form. Aber anstelle des von der Fachwelt erwarteten Fließheckmodells mit praktischer, großer Klappe, wie sie der ebenfalls neue BLMC-Typ Austin Maxi zeigte, blieb der Mini Clubman ein zweitüriger Saloon mit winziger Kofferraumraum-Öffnung.

Den Kombi gab es aber auch
Die Kasse des finanziell maladen BLMC-Konzerns gab gerade genug Geld her für einen um zwölf Zentimeter verlängerten Vorderwagen, eine klotzige Chromnase und aufgewertetes Interieur. Sparen bestimmte auch die Mini-Sport-Fraktion, denn statt Cooper waren nun Mini 1275 GT im Clubman-Dress für den Herzklopf-Faktor zuständig. So sparte sich die BLMC eine fällige Vertragsverlängerung mit dem PS-Virtuosen John Cooper. Ach ja, wer unbedingt ein Ladeabteil mit Türen wollte, fand beim Mini Clubman Estate eine Lösung - und den Vorläufer des heutigen, gleichnamigen geräumigen Lifestyle-Kombis. Kult wurde der Ur-Clubman trotzdem und zwar als Favorit für alle, denen konventionelle Minis zu beliebig und Kleinwagen wie Ford Escort zu spießig waren.

Die Fans der kleinen Klasse mochten den neuen Clubman aber auch, weil er moderner war als der klassische Mini von 1959. Zehn Jahre waren seitdem vergangen, ein langer Zeitraum, in dem damals andere Massenhersteller wie Ford oder Vauxhall nicht weniger als drei Generationen ihrer Volumenmodelle produzierten. Nur der Mini blieb nahezu unverändert, was besonders seiner sympathischen Front mit Konturen nach dem süßen Kindchenschema anzusehen war. Zur alterslosen, weltweit gefeierten Design-Ikone sollte der Ur-Mini erst nach den 1980er-Jahren reifen - als er den Mini Clubman überlebte und ebenso seinen designierten Nachfolger Metro.

Das Design orientierte sich nach oben
1969 war also erst einmal ein Facelift gefragt und so präsentierte sich der Mini als Clubman mit selbstbewusster, langgestreckter Front in rechteckigen Konturen. Damit glich Chef-Stilist Roy D. Haynes das Erscheinungsbild des Clubman den größeren, brandneuen BLMC-Mittelklasse-Typen Austin Maxi und Morris Marina an und auch dem populärsten Briten überhaupt, dem Ford Cortina. Allesamt Modelle übrigens, die unter Haynes entstanden. Der Clubman war im BLMC-Portfolio ein zusätzliches Modell und rangierte trotz identischer 1,0-Liter-Vierzylinder mit mageren 36 PS in der Hierarchie über den vertrauten Mini 1000 und war als „Saloon" und Kombi „Estate" erhältlich. Im Interieur überraschte er durch neue, voluminös gepolsterte Sitze, zentral vor dem Fahrer platzierte Armaturen und komfortable Kurbel- statt Schiebefenster in den Türen sowie nach innen verlegte Türscharniere, die im Rahmen der Modellpflege aber auch dem konventionellen Mini (Codename ADO20) zu Gute kamen und ein rostiges Problem abstellten.

„Viel Lärm um eine verlängerte Blechnase"
Aber genügten diese Finessen für die bis dahin wohl vollmundigsten Werbeversprechen der britischen Automobilindustrie? Tatsächlich feierte das BLMC-Marketing den Mini Clubman als „größte Erfindung seit dem Rad", „Botschafter einer neuen Automobilkultur" und auf der Kinoleinwand als „wahren Sieger der Luftschlacht um England" (wobei ein Ford die Rolle der deutschen Feinde übernahm). Viel Lärm um nicht mehr als eine verlängerte Blechnase, meinten manche Motorjournalisten, und besonders das mangelhafte Temperament des schwereren Clubman gegenüber dem bereits betulichen Mini 1000 wurde nun offen kritisiert. Gerade einmal 117 bis 120 km/h Spitze erreichte der Clubman und damit knapp so viel wie die Zweizylinder-Zwerge NSU Prinz oder Citroen Ami. Preislich befand sich der Mini Clubman dagegen auf einem Niveau mit größeren Modellen wie Ford Escort, Opel Kadett oder auch Fiat 128, dessen muntere 55 PS den Italiener auf flotte 140 km/h beschleunigten. Allerdings hatte auch die BLMC noch ein Ass im Ärmel, wie der Werbeslogan „You don't need a big one to be happy" („Du brauchst keinen Großen zum Glücklichsein") ankündigte: den Mini 1275 GT.

Viel Platz für Motortuning
Der bis zu 59 PS kräftige Vierzylinder aus den größeren Austin/Morris 1300 GT trieb diesen Mini GT im Clubman-Look - aber mit zusätzlichen zeitgeistigen Rallyestreifen - in knapp 14 Sekunden auf 100 km/h und überhaupt zu Fahrleistungen, die sich fast mit Giftzwergen á la Fiat-Abarth oder Mini Cooper messen konnten. Zumal der verlängerte Motorraum im 1275 GT dem Tuninggewerbe viel Spielraum ließ. Das war bitter nötig, denn ab 1971 beendete BLMC die Kooperation mit John Cooper und setzte auf neue Wettbewerbsfahrzeuge wie den Triumph Dolomite Sprint. Aber auch der Mini 1275 GT erntete noch motorsportliche Lorbeeren. Kurz vor Ende seiner Karriere - der nachfolgende Mini Metro machte sich schon startklar - bewies sich der Racing-Clubman 1978 und 1979 unter Richard Longman als unschlagbarer Champion der britischen Tourenwagen-Meisterschaft.

Geburt der Marke Mini
In den Zulassungscharts machte der bis 1982 ausgelieferte Clubman den Mini ebenfalls zum King. Weniger durch seine Gesamtauflage von 583.862 Einheiten (inklusive Clubman made in Australia) als dadurch, dass er den Absatz aller Mini-Varianten ab 1971/72 zu einem Allzeithoch mit über 300.000 Einheiten pro Jahr trieb. Trotz technisch frischerer Hatchback-Konkurrenz aus Frankreich und Italien hatte der 1959 von Alec Issigonis erdachte Oldie noch einmal seine kurze Knubbel- und lange Clubman-Nase vorn. Dazu beigetragen hat auch das Ende des berüchtigten britischen Badge-Engineerings, denn mit dem Clubman wurde Mini 1969 eine eigenständige Marke. Statt des verwirrenden Vertriebs unter Austin-, Morris-, Riley- und Wolseley-Signets gab es nun nur noch Mini. Der richtige Schritt, um aus dem bisherigen Modellnamen Mini eine Marke von solchem Wert zu machen, dass sie sogar den Untergang zuerst des BLMC- und dann des Rover-Imperiums überlebte.

Der 2001 von BMW lancierte und heute in dritter Generation befindliche „New Mini" führt die Design-DNA und die britischen Gene des 59er-Originals fort und das inklusive des Typs Clubman. Allerdings zitiert der 2007 gestartete Mini Clubman (Code R55) mit verlängerter Karosserie nicht den Zweitürer von 1969, sondern den besonders stilvollen Kombi Clubman Estate, der schon damals auf einen extralangen Radstand vertraute. Zur Goldgrube für BMW wurde der New Mini Clubman aber auch dank scharfer Cooper-Versionen, mit denen sich seit 2014 die dritte Clubman-Generation (F54) schmückt. Wie es weiter geht? Groß, wie das jüngste Mini-Facelift zum 50. Clubman-Jubiläum zeigt. Mit 4,26 Meter kann sich der Clubman zumindest in der Länge bereits mit dem VW Golf messen - und die elektrischen Antriebe werden beim nächsten Modellwechsel folgen.

Chronik:

1956: Alec Issigonis erhält den Auftrag für die BMC (British Motor Corporation) einen bezahlbaren und effizienten Kleinwagen zu entwerfen, der sich auch Zeiten der Benzinkontingentierung verkauft

1959: Am 26. August feiert der Mini als Austin Seven und Morris Mini Minor sein Debüt. Außenliegende Türscharniere, kleines Heckfenster, kleine Rücklichter und der sogenannte Schnurrbart-Kühlergrill sind Kennzeichen der ersten Serie (MK I). Die Motorleistung des 0,85-Liter-Vierzylinders beträgt 21 kW/29 PS bzw. 37-SAE-PS

1960: Die Varianten Countryman, Traveller, Estate, Van und Pick-Up werden vorgestellt. 116.677 Mini werden im ersten vollen Jahr gebaut

1961: Premiere für den ersten Mini Cooper, mit 1,0-Liter-Motor und 40 kW/55 PS. Die Modelle Wolseley Hornet und Riley Elf mit Stufenheck debütieren

1962: Die Austin-Modelle werden von Austin Seven in Austin Mini umbenannt

1964: Drei neue Modelle werden präsentiert: 970 S (65 PS), 1275 S (75 PS) und 998 Cooper (55 PS). Viermal in Folge (1964-1967) gewinnt der Mini Cooper die Rallye Monte Carlo. 1966 wird er jedoch wegen angeblich nicht regelkonformer Glühlampen in den Scheinwerfern disqualifiziert. In diesem Jahr wird mit 244.359 Mini ein neuer Jahresbestwert erreicht

1967: BMC Managing Director Joe Edwards am 19. Oktober engagiert den Ford-Designchef Roy Haynes (dort zuletzt verantwortlich für den Cortina MK II, das zeitweise meistverkaufte britische Auto) und überlässt ihm die Gesamtverantwortung für das BMC-Design und die Produktplanung. In einem Interview erklärt Haynes, dass das Design eines Fahrzeugs den Zeitgeist und ein „clean styling" reflektieren müsse. Seine früheren Mitarbeiter bei Ford, Harris Mann und Paul Hughes, überzeugte Haynes ebenfalls von einem Wechsel zu BMC. Zunächst wird Haynes mit der Finalisierung des Austin Maxi, der Entwicklung des Morris Marina und einer Aktualisierung des Mini beauftragt, die Geburtsstunde des Mini Clubman. Haynes entscheidet aber auch, das Badge-Engineering zu reduzieren und die Mini-Varianten Elf und Hornet einzustellen sowie Mini als eigene Marke zu etablieren, also ohne Austin oder Morris Logo. Einführung des modellgepflegten Mini MK II, dies auch als Mini 1000 mit 36 PS bzw. 38,5 PS. Die wesentlichen Änderungen beim MK II sind ein größeres Heckfenster, modifizierte Rückleuchten und eine neue Frontgestaltung mit eckigem Kühlergrill im Stil von Austin Maxi und Morris Marina

1968: Der Mini Clubman entsteht als Studie mit Stufenheck und klassischem Kofferraum sowie als Dreitürer mit großer Heckklappe. Beide Konzepte gehen aus Kostengründen nicht in Serie. Die Designverantwortung für den Clubman liegt zwar bei Haynes, aber die Umsetzung des Mini-Facelifts erfolgt unter Mitwirkung von Jaguar. Im Mai verschmilzt die British Motor Holdings (Mutterkonzern von BMC) mit der Leyland Motor Corporation zur British Leyland Motor Corporation (BLMC). Die Mini-Produktion im Werk Cowley wird daraufhin ins Werk Longbridge verlagert. Im Herbst entscheidet BLMC, das Prinzip des Badge-Engineering mit Markstart des Mini Clubman weitgehend aufzugeben, allein in Australien werden Mini (Clubman) weiterhin mit Morris-Logo vermarktet

1969: Der zweimillionste Mini wird ausgeliefert. Neuerliche Mini-Modellpflege (MK III) mit den Merkmalen innenliegende Türscharniere anstatt Schiebefenster. In Earls Court bei der London Motor Show debütieren Mini Clubman und Mini 1275 GT (54 bis 59 PS), der 998 cm³ Mini Cooper wird - wie auch die Modelle Wolseley Hornet, Riley Elf und Traveller/Countryman - eingestellt. Neu ist auch der Mini Clubman Estate als Kombi. Schon vor Serienstart des Mini Clubman im Mai 1969 (Estate im September) verlässt Roy Haynes im Februar das Unternehmen wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Direktorium über die Zukunft von BLMC

1970: Im Januar beginnt die Auslieferung des Mini Clubman an die Kunden. Mini Clubman 1275 GT jetzt mit 59 bzw. 60 PS Leistung

1971: Markstart für den Mini Clubman in Australien als Morris Mini Clubman 1100 und Clubman GT. Die Cooper-S-Variante mit 1071 cm³ wird eingestellt. Mit 318.475 Einheiten erreicht der Ur-Mini einen Allzeit-Jahresbestwert in der Produktion, darin enthalten die Clubman-Verkaufszahlen

1974: Mini 850 mit 34 PS Leistung, Mini 1000 und Clubman mit 36 PS und Mini 1275 GT mit 55 PS. Der Mini 1275 GT erhält 12-Zoll-Räder statt der bisherigen 10-Zoll-Räder und dies optional in Kombination mit pannensicheren Dunlop-Denovo-Reifen

1975: Alle Clubman für den britischen Heimatmarkt erhalten eine stärkere 33 kW/45 PS-Maschine mit 1,1-Liter Hubraum, nur die Automatik-Variante behält den 1,0-Liter-Motor

1976: Die nächste Überarbeitung des Mini (MK IV) mit gummigelagertem vorderen Hilfsrahmen. Modellpflege auch für den Mini Clubman (schwarzer Kühlergrill und Estate ohne Woody-Elemente, dafür mit Zierstreifen) sowie Mini 1000 und Clubman jetzt mit 40 PS Leistung

1978: Unter Richard Longman gewinnt der Mini 1275 GT die British Touring Car Championship (BTCC)

1979: Erneuter Titelgewinn in der BTCC für den Mini 1275 GT

1980: Präsentation des Austin Mini Metro und nach Markstart des Mini Metro Produktionseinstellung der zweitürigen Mini Clubman und Mini 1275 GT. Nur der Mini Clubman Estate läuft weiter. Insgesamt 150.067 Mini werden im Jahr 1980 gebaut

1982: Die Mini Kombis Van und Clubman Estate werden eingestellt

1990: Der erste (Rover) Mini (Cooper) 1275 GT läuft vom Band

1994: BMW übernimmt die Rover Group, trennt sich aber sechs Jahre später wieder von dem verlustreichen Unternehmen. Allein Mini bleibt bei BMW

2000: Am 4. Oktober endet die Herstellung des Ur-Mini. BMW präsentiert seriennahe Vorboten einer neuen Mini-Generation

2001: „New" Mini erster Generation wird eingeführt (Typencode R50 bis R53), dies als Dreitürer (06/2001 bis 08/2006) und Cabriolet (07/2004 bis 08/2008)

2004: BMW feiert die Fertigung des 550.000sten neuen Mini

2006: Im November Debüt der zweiten Generation (Typencodes R55 bis R61) des neuen Mini als Dreitürer, ab November 2007 auch als Mini Clubman (R55). Der Mini Clubman ist jetzt ein Kombi mit um 24 Zentimeter verlängerter Karosserie gegenüber dem Basismodell, zwei Hecktüren und einer Fondtür auf der rechten Fahrzeugseite. Als Motoren verfügbar sind 1,4-Liter- und 1,6-Liter-Benziner sowie 1,6-Liter- und 2,0-Liter-Diesel mit Leistungswerten zwischen 95 PS und 184 PS

2007: Der New Mini wird Produktionsmillionär

2008: Mit Auslauf der Fertigung des Cabriolets endet die Laufzeit des ersten „New" Mini unter BMW-Ägide

2013: Auf der Los Angeles Autoshow wird die dritte Generation des Mini von BMW vorgestellt (Typencodes F55 bis F57) als Dreitürer, Clubman (ab Genfer Salon 2014) und Cabriolet (ab März 2016)

2014: Auf dem Genfer Salon feiert die dritte Generation des Mini Clubman Weltpremiere (zweite Clubman-Generation unter BMW), dies mit dem internen Typencode F54). Weiterhin verfügt der nun 4,25 Meter lange Clubman über zwei Hecktüren, zusätzlich aber auch über zwei konventionelle Fondtüren an jeder Wagenseite. Optional ist Allradantrieb All4 erhältlich

2017: Mini Electric Concept debütiert auf der IAA 2017

2018: Umfassende Modellpflege für die aktuelle Generation des Mini

2019: Zum 50. Jubiläum erhält der aktuelle Mini Clubman ein umfangreiches Facelift, allerdings steht das Clubman-Jubiläum ein wenig im Schatten des 60. Jahrestags für den Mini, der mit vielen Aktionen begangen wird

Produktionszahlen:

Mini (1959-2000) insgesamt: 5.387.862 Einheiten, davon 331.675 Mini Clubman, 176.688 Mini Clubman Kombi, 116.448 Mini 1275 GT (zum Vergleich: 100.051 Mini Cooper, 30.912 Riley Elf, 28.455 Wolseley Hornet).

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