Warum das Auto DeLorean DMC-12 nicht mit der Legende mithält

2 Jahre, 2 Monate her - 13 September 2022, AutoBild
Warum das Auto DeLorean DMC-12 nicht mit der Legende mithält
Der DeLorean DMC-12 ist eine fahrende Film-Legende. Doch der Ruhm überstrahlt das Auto! Wie sportlich ist er, wie ist er verarbeitet, wie gut lässt er sich reparieren?

Der DeLorean DMC-12 wurde in den 80er-Jahren als Leinwald-Held in "Zurück in die Zukunft" bekannt. Giorgio Giugiaros flache Keil-Karosserie atmet den Geist italienischer Supersportler – viel dramatischer geht's nicht. Doch wie performt der DeLorean auf der Teststrecke und wie schlägt er sich als Oldtimer in Bezug auf Ersatzteile und Haltbarkeit?

Braver PRV-Sechszylinder ohne sportlichen Charakter

Reinkommen ist leichter als gedacht. Rechtes Knie unterm Lenkrad durchschieben, sich fallen lassen, dann das zweite Bein über den breiten Schweller nachziehen. Der Hintern landet weich auf prallem Leder, schleift aber gefühlt fast auf der Straße. Flügeltür zuziehen und schon sitzt du in einer Raum-(oder eben Zeit-)kapsel. Ein üppig mit Anzeigen bestücktes Armaturenbrett zum Beispiel, ganz ordentlich verarbeitet. Nach vorne fällt der Blick über die flache Haube auf die Straße, doch seitlich prallt er hart gegen die überbreite B-Säule. Auch nach hinten ist die Sicht bescheiden. In den Türen lassen sich nur kleine Scheibenschlitze öffnen. Beim ersten Dreh am Zündschlüssel ist der V6 im Heck sofort zur Stelle. Nur nach Sportwagen klingt er kein bisschen. Der raue Grundton erinnert noch daran, dass der "PRV-Motor" (eine Gemeinschaftsentwicklung von Peugeot, Renault und Volvo, daher das Kürzel), ursprünglich ein V8 werden sollte, bevor man ihn um zwei Zylinder kappte. Er bleibt aber ein braves Limousinentriebwerk; sein Klang ist eher monoton als melodiös. In dem 1262 Kilo schweren Flügeltüren-Coupé wirkt er mit seinen schmächtigen 132 PS zudem nicht gerade unterbeschäftigt, zumal er sich zu Drehzahlen oberhalb von 5000 U/min nur widerwillig aufrafft. Gemessene 10,8 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 sind ebenso wenig spektakulär wie die Tatsache, dass die Höchstgeschwindigkeit mit 198 km/h gut 100 km/h niedriger ausfällt, als die Optik suggeriert.

Das Chassis steckt auch im Lotus Esprit

Das Fahrgestell des DeLorean ist nicht von schlechten Eltern. Es trägt die Handschrift von Lotus-Gründer Colin Chapman und steckt auch unter dessen Bond-Auto Lotus Esprit und ist in Relation zur Motorleistung im DeLorean somit überqualifiziert. Die Kurvenpräzision leidet ein wenig unter der schwergängigen, beim Einlenken verzögert ansprechenden Servolenkung. Auf der Habenseite steht allerdings die gute Straßenlage. Mit dem Heck drängt der DeLorean erst spät nach außen, obwohl 62 Prozent seines Gewichts auf der Hinterachse lasten. Zudem ist er im Grenzbereich gut kontrollierbar, die Seitenneigung bleibt gering. Der Abrollkomfort allerdings auch: Was das dicke Sitzpolster nicht schluckt, landet als herber Stoß im verlängerten Rücken. Sportwagen eben, wenn auch motorisch einer von der milden Sorte.

Rost ist beim DeLorean kein Thema

Für einen Exoten ist der DeLorean verhältnismäßig anspruchslos. Wartungsarbeiten erfordern kein Spezialwissen. Lediglich das Einstellen der Flügeltüren sollte einem Fachmann überlassen werden, Wolfgang Hank aus Adelsried bei Augsburg (team-deloman.de) beispielsweise oder Michael Wagner aus Hasloh (autotechnik-wagner.de). Diese Experten wissen auch, wie sich durch technische Upgrades einige typische Schwachstellen in den Griff bekommen lassen. Da GFK und Edelstahl nicht rosten, ist Korrosion im Karosseriebereich kein Thema. Allerdings kann das Chassis anfangen zu gammeln, wenn die Epoxidharzschicht beschädigt wurde, zum Beispiel durch Aufsetzer, austretende Bremsflüssigkeit oder – im hinteren Bereich – durch Abwärme des Katalysators. Dank großer Altbestände und Nachfertigungen leiden DMC-12-Besitzer keine Not. Spezialisten handeln mit Teilen und Komplettfahrzeugen, etwa Ed Uding in Holland (delorean.eu) und die DeLorean Motor Company in den USA (delorean.com). Nur Karosserie-Ersatz ist rar und teuer.

Der Motor bereitet thermische Probleme am Heck

Der Euro-V6 ist robust, wegen DeLorean-spezifischer Eigenheiten (Verdichtung, Nockenwellen, Steuerzeiten, Motorlager-Aufnahmen) aber nicht 1:1 mit anderen PRV-Motoren kompatibel. Da die Einbaulage im Heck thermische Probleme begünstigt, ist ein intaktes Kühlsystem von existenzieller Bedeutung. Leckagen und Lüfterdefekte sind das Hauptproblem. Eine rund 3000 Euro teure Umrüstaktion mindert das Defektrisiko. Dabei werden etwa Gummischläuche durch hitzefestere Silikonleitungen ersetzt, ein rostbeständiges Edelstahlrohr unter dem Krümmer und statt des Plastik-Ausgleichsbehälters einer aus Aluminium eingebaut. Das Einstellen des Ventilspiels (alle 50.000 km) ist zeitraubend, da hierfür neben dem Luftfilter auch Klimakompressor und Warmluftregler abgebaut werden müssen. Zickt die Elektrik, sind meist zu hohe Übergangswiderstände an den Chassis-Massepunkten schuld. Fahrwerk-Umbausätze kurieren die zu hohe Federeinstellung ab Werk und die mangelnde Spurtreue in Kurven.

Sehr gute Exemplare kosten mittlerweile 50.000 Euro

Der DMC-12 war schon kurz nach dem Bankrott von DeLorean ein Liebhaberauto. Billig ist er deshalb schon lange nicht mehr. Sehr gute Exemplare werden inzwischen oberhalb der 50 000-Euro-Marke angeboten. Für die Hälfte gibt es nur noch Autos mit mehr oder minder großem Handlungsbedarf – auch in den USA. Lediglich die Auswahl ist dort größer. Bei der Suche helfen Clubkontakte, nicht zuletzt, weil zum Verkauf stehende Fahrzeuge oft intern weitergereicht werden und in öffentlichen Angebotskanälen gar nicht auftauchen. Classic Data bewertet Exemplare im Zustand 2 mit 40.200 Euro und Autos im Zustand 3 mit 27.800 Euro.

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