1982er Genf-Exponat aus Rockstar-Vorbesitz

hace 1 año, 8 meses - 29 marzo 2023, auto motor sport
1982er Genf-Exponat aus Rockstar-Vorbesitz
Dieses Exemplar war einst ein Messestar beim Genfer Autosalon. Danach kam es in der Welt herum und landete in der Garage eines Rockmusikers. Nicht der einzige Countach mit bewegter und bewegender Geschichte.

Als Bertone 1971 auf dem Genfer Autosalon den LP-500-Prototyp zeigte, klappte möglicherweise der gesamten Autowelt die Kinnlade herunter: Kanten wie mit der Axt geformt, Türen wie Fallbeile, ein längs eingebauter V12 zwischen Hinterachse und Fahrer. Dieser klemmte ganz vorn zwischen Vorderachse, Frontscheibe und Motor. Dass hier eine künftige Sportwagenikone debütierte, war vielen Beobachtern recht schnell klar. Zu ihnen gehörte Ferruccio Lamborghini, der den Keil daraufhin zum Miura-Nachfolger auserkor und zwei Jahre später an selber Stelle, nun jedoch am eigenen Stand, als Countach erneut präsentierte.

Vom Messe- zum Rockstar

Weitere neun Jahre gingen ins Land, bevor Lamborghini den Countach auf dem Genfer Autosalon erneut ins Rampenlicht rollte. Denn 1982 brachte die Marke einen rundum modifizierten Countach auf den Markt. Für den LP 500S entwickelten die Italiener einen neuen 4,8-Liter-V12 mit 380 PS sowie einem größeren Weber-Doppelvergaser-Sextett. Zudem entwarfen sie für den "Facelift"-Countach, der ebenfalls als LP 5000S bekannt ist, eine aufgefrischte Karosserie mit leicht verändertem Front-Design, etwas breiteren Kotflügeln und umgestaltetem Heck.

Die Ausstellungsstücke der Messe wanderten nach Ende des Autosalons nicht etwa direkt ins Museum oder starben den Prototyp-Tod, sondern wurden regulär verkauft. Zumindest trifft das auf dieses Exemplar zu, das damit als der erste Serien-LP-500S gilt – oder zumindest als einer der ersten fünf. Der weiße Countach wurde in Italien als Neuwagen verkauft und gelangte über den Umweg Deutschland 1985 in die USA. Bei einem Händler in Los Angeles entdeckte Carlos Cavazo den Sportwagen-Keil. Der Amerikaner war drei Jahre zuvor bei der Rockband Quiet Riot eingestiegen, die Mitte der Achtzigerjahre ihre erfolgreichste Phase hatte.

Im Detail: 1982er Countach LP 500S

Um den Countach in Kalifornien zulassen zu können, musste er jedoch umgebaut werden. Die Vergaseranlage wich einem elektronischen Einspritzsystem von BMW, um die dortigen Abgasvorschriften einzuhalten. Cavazo fuhr den LP 500S viele Jahre, in denen das Auto die meisten seiner 41.100 Meilen (66.144 Kilometer) sammelte. Nach eigene Aussage bewegte der Musiker den Lamborghini eher zurückhaltend; nur einmal soll er damit schneller als 150 mph (241,4 km/h) gewesen sein. Ende 2001 gab er ihn für eine Inspektion in der bekannten Werkstatt Franco's European Sports Cars im Los-Angeles-Stadtteil Van Nuys ab. Dort verblieb er etwa zwei Jahrzehnte; dann sollte eine Komplett-Restauration durchgeführt werden, für die der Countach zerlegt wurde.

Doch dazu kam es nicht: 2021 verstarb Werkstattbesitzer Franco Barbuscia. Der LP 500S, der bis dahin weiterhin Carlos Cavazo gehörte, fand einen neuen Besitzer, woraufhin Motor, Getriebe und Karosserieteile wieder ein- beziehungsweise angebaut wurden. Ansonsten verblieb das Auto im vorgefundenen Zustand. In diesem bietet Gooding & Company den Countach aktuell an – nicht zur Versteigerung, sondern per Privatverkauf. Der Preis beträgt 785.000 Dollar, was umgerechnet fast 730.000 Euro entspricht. In der Online-Anzeige wird der LP 500S als "original" beschrieben – wenn man von der anfangs installierten Vergaseranlage absieht, die nicht mehr vorhanden ist. Der ab Werk verbaute, derzeit jedoch nicht montierte Heckflügel liegt dagegen bei.

Periscopio: Knick im Dach

Für die Übersichtlichkeit des Coutach hatte die extreme Formgebung natürlich Folgen. Der Blick geht nach vorn durch die flache Frontscheibe. Und zurück? Da überlegte sich Lamborghini für das Serienmodell Countach einen Trick: Das Dach bekam in der Mitte eine Art Sichtkanal nach hinten, der über den Innenspiegel und ein kleines Fenster Überblick geben sollte. Ein Periskop, also ein Sichtrohr wie beim U-Boot, ist das natürlich nicht. Den Namen "Periscopio" bekamen diese frühen Modelle trotzdem. Die ersten 157 Countach baute Lamborghini mit dem Sichtkanal, danach wurde das Dach konventioneller.

Der neunte gebaute Countach

03.02.2023 – Den neunten je gebauten Lamborghini Countach, der aufgrund seiner frühen Geburt der Periscopio-Charge angehört, hat das französische Auktionshaus Artcurial während der Oldtimer-Messe Rétromobile 2023 in Paris versteigert. Das Auto mit der Chassisnummer 1120018 ist der erste Countach, den der Importeur Thépenier in Frankreich verkauft hat. Ausgeliefert wurde das Auto in "Marrone" mit einem Interieur in "Senape". Während der Innenraum mit den orangefarbenen Ledersitzen weiterhin erhalten ist, bekam die Karosserie um 1980 herum einen neuen Lack in Silbermetallic und eine schmale rote Zierlinie verpasst.

Kurz danach, am 30. April 1982, wurde der Sportwagen auf seinen zweiten Besitzer im Département 47, Lot-et-Garonne, registriert. Im Jahr darauf kam schon der dritte – und bisher letzte – Besitzer ins Spiel. Der ließ das Auto am 2. Mai 1983 im Département 17, Charente-Maritime, auf sich zu. Der Arzt nutzte den Wagen zunächst täglich für Fahrten in seine Praxis in einem kleinen Ort. Weil ihm das Auto jedoch mit der Zeit zu auffällig wurde, ließ er ihn immer länger in der Garage stehen und bewegte ihn schließlich praktisch gar nicht mehr.

Der letzte Steueraufkleber stammt von 1996. Anfang der 2000er-Jahre stellte er ihn schließlich in eine Garage auf seinem Grundstück, das auf einer kleinen Insel vor La Rochelle liegt. Laut Beschreibung ist der Zustand des Countach trotz der langen Standzeit von etwa 20 Jahren recht ordentlich: Rost finde sich nur wenig und das originale Interieur habe nur leichte Patina, so der Auktionstext. Auf 800.000 bis 1,2 Millionen Euro hatte Artcurial den Wert des frühen Countach taxiert. Das obere Estimate wurde nicht erreicht: Inklusive Aufgeld kostete der Countach 953.600 Euro. Damit brachte dieser Countach im unrestaurierten Zustand praktisch das Gleiche wie eine anderer Periscopio, den RM Sotheby's Ende November 2021 verkauft hatte.

Der kam rum: Italien, USA, Frankreich

23.11.2021 – Den 55. je gebauten Countach – und damit einen frühen Periscopio – hat RM Sotheby’s am Freitag, 19. November 2021 versteigert. Der Sportwagen erzielte bei der Auktion auf dem Circuit Paul Ricard im französischen Le Castellet einen hohen Preis. Das Auto war Teil einer Sammlung automobiler Hochkaräter, die der Reedereierbe und Oldtimerhändler Jean Guikas zusammengetragen hat. Der Countach wurde auf einen Wert von 750.000 bis 900.000 Euro geschätzt und ohne Mindestpreis angeboten. Dem Höchstbietenden war er 905.000 Euro wert – inklusive Aufgeld für das Auktionshaus 950.250 Euro.

Die Historie des Guikas-Countach ist ähnlich übersichtlich wie das Auto: Ausgeliefert wurde der damals noch rot lackierte Countach zu seinem Erstbesitzer nach Mailand, ging er 1977 zu seinem nächsten Besitzer in Bologna. Im nächsten Jahr wurde er zum dritten Besitzer nach Pittsburgh, Pennsylvania in die USA exportiert. Dort blieb der Countach 12 Jahre. Anschließend ging der Supersportwagen nach Kalifornien zu Besitzer Nummer vier, fünf und sechs. Während des California Concours 2003 unterschrieb der Designer des Autos, Marcello Gandini, auf der Instrumententafel. Von 2006 bis 2007 bekam der Countach eine Motorüberholung, außerdem wurden Karosserie und Innenraum hergerichtet. Die Rechnung belief sich auf 60.000 US-Dollar (damals rund 43.800 Euro). Nach Ende der Arbeiten wurde der Lamborghini wieder nach Europa verkauft. Wann der Countach schwarz lackiert wurde, ist unbekannt.

Frühe Countach, wegen des Sichtkanals im Dach, der über einen Spiegel den Blick nach hinten erlaubt, Periscopio genannt, erzielen auf Auktionen in etwa den doppelten Wert späterer Modelle: Ungefähr eine Million Euro kann ein solches Auto kosten. Dennoch verlangt Gooding & Company für den 1982er LP 500S ebenfalls einen Preis im oberen sechsstelligen Bereich. Klar, die Historie ist bewegt und in der Liste der Vorbesitzer befindet sich Prominenz. Andererseits sollten der eher maue Ist-Zustand und der Umbau von Vergaser auf Einspritzung auf den Preis drücken.

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