Obwohl die bei Oldtimerauktionen erzielten Summen längst schwindelerregende Höhen erreicht haben, ist ein Ende der hochspekulativen Investitionsbereitschaft nicht in Sicht, wie einige Superlative der jüngeren Vergangenheit belegen. Vergangenen Mai erzielte etwa ein Mercedes 300 SLR Uhlenhaut 135 Millionen Euro. Er war damit der erste Klassiker, der eine dreistellige Millionensumme bei einer Auktion einfahren konnte. Bisheriger Rekordhalter war ein Ferrari 250 GTO mit vergleichsweise bescheidenen 48,4 Millionen Dollar.
Abgesehen von diesen Extremen zeigt sich auf dem internationalen Auktionsparkett auch in der Breite weiter großes Interesse an Oldtimern. So wurde im August 2022 auf der gesamten Monterey Auction Week mit rund 456 Millionen US-Dollar ein neuer Rekorderlös erzielt, der das bisherige Rekordergebnis von 2015 um fast 16 Prozent übertraf. Dass Monterey 2022 keine Ausnahme war, zeigte auch der vergleichsweise kleine Concours d’Elegance auf Amelia Island, auf dem im März 2023 laut Frank Wilke vom Marktbeobachter Classic Analytics ein Allzeithoch von 178 Millionen US-Dollar erzielt wurde.
Neben dem weiterhin regen Interesse der internationalen Hautevolee zeigen sich laut Wilke parallel auch anhaltend rege Aktivitäten beim Handel mit Oldtimern speziell in Deutschland: „Nachdem sich die reinen Investoren weitgehend aus dem Oldtimermarkt zurückgezogen haben, sind die Oldtimerfans dort wieder unter sich, was das Vertrauen in die Stabilität dieses Marktes insgesamt stärkt. Auf den internationalen Auktionen wird lebhaft geboten und speziell für Sportwagen der 80er-Jahre und jünger werden immer höhere Preise erzielt. Gleichzeitig merken wir am Volumen der über unser Sachverständigennetzwerk durchgeführten Bewertungen, dass auch in Deutschland ein lebhafter Handel stattfindet - denn bewertet wird ein Fahrzeug häufig dann, wenn es kurz zuvor verkauft wurde.“
Über die Ursachen für die aktuell positive Stimmung rätselt die Fachwelt noch. Wilke vermutet dahinter ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren: „Zur Etabliertheit und Stabilität des Oldtimermarktes kommt ein allgemeines Vertrauen in Sachwerte. Mit dem Thema E-Fuel scheint zumindest mittelfristig ein Betrieb von Autos mit Verbrennern gewährleistet zu sein und im Alltag erfahren Oldtimerfahrer wesentlich mehr Sympathie für ihre Autos, als es die Berichterstattung über Klimaaktivismus vermuten lässt. Nicht unterschätzen sollte man auch die ‘Jetzt erst recht‘-Mentalität mancher Autofans.“
Keine Garantie auf Geldregen
Wer allerdings glaubt, der Kauf von alten Autos führt automatisch auf den Highway Richtung Rendite-Glück, könnte schnell auch auf der Verliererstraße landen. Das Investment in Oldtimer ist und bleibt risikobehaftet. Laut Wilke bewegt sich der Großteil der auf Auktionen gehandelten Auto-Preziosen preislich ohnehin jenseits der 100.000-Euro-Marke. Derart hohe Summen muss man erst einmal aufbringen und mögliche Verluste verkraften können.
Letztere können üppig ausfallen, wie etwa Anfang 2023 von Classic Analytics veröffentlichte Listen über die größten Gewinner und Verlierer des Oldtimermarkts 2022 verdeutlichen. Bei günstigen Fahrzeugen bleiben Verluste noch überschaubar, wie etwa für die zwischen 1959 und 1963 gebaute Alfa Giulietta, deren Wert von 24.000 auf 20.000 Euro gefallen ist. Bei exklusiveren Fahrzeugen können die absoluten Verluste hingegen gewaltig ausfallen. Der 60er-Jahre Sportwagen Ferrari 330 GTS wurde Anfang 2023 zum Beispiel auf unter 2,2 Millionen Euro taxiert, was einem Wertverlust von 345.000 Euro entspricht. In einem Jahr.
Anderseits zeigt die Auswertung auch, dass beachtliche Wertsteigerungen möglich sind. Ein im Jänner 2022 noch mit 34.000 Euro gelisteter Abarth 595 SS aus den 60er-Jahren konnte um fast 65 Prozent zulegen und seinen Wert auf 56.000 Euro steigern. Neben Namen wie Lamborghini oder Aston Martin tauchen auf der Gewinnerliste auch Durchschnittstypen wie Ford Taunus 1600 (+ 33,3 %/+ 2500 Euro) oder Opel Olympia 1900 S Coupé (+30,8 %/4000 Euro) auf.
Man braucht auch Glück
Der Oldtimermarkt bietet Chancen und Risiken auf nahezu jedem Investitionsniveau. Mit der gängigen Vorstellung, Autos würden mit steigendem Alter automatisch an Wert gewinnen, liegt man allerdings falsch. Selbst wenn manches alte Eisen oder Erbstück bereits ein Classic-Pickerl tragen darf, wird es nicht per se höhere Preise erzielen. Viele Modelle und Baureihen bleiben über Jahrzehnte hinweg für Sammler und Enthusiasten nur mäßig interessant und deren Preise langfristig weitgehend unverändert. Und sollten einige dann irgendwann doch, etwa durch einen Auftritt in einem Hollywood-Streifen, Kultstatus erlangen, lässt sich, wenn man lange genug auf den richtigen Käufer wartet, vielleicht ein guter Preis herausschlagen. Oder auch nicht. Neben risikobehafteter Investitionsbereitschaft sind vor allem auch spezielle Kenntnisse, Geschick, der richtige Riecher sowie Herzblut und Glück vonnöten, um mit Erfolg in diesem Markt partizipieren zu können.
Tipps für die Wertanlage
Eine mögliche Strategie kann es sein, Risiken zu streuen. Ein diversifizierter, langfristig unterhaltener und fluktuierender Oldtimer-Fuhrpark bietet mehr Chancen. Wer ein buntes Portfolio von Marken und Typen zusammenträgt, könnte potenzielle Verluste aussitzen oder mit dem Verkauf eines gerade gefragten Fahrzeugs ausgleichen.
Doch soll ein betagtes Auto als Wertanlage taugen, muss auch investiert werden. Pflege, Instandhaltung, Reparaturen und Stellplatz kosten Zeit und Geld. Der Aufwand kann leicht den möglichen Mehrertrag kannibalisieren. Es gibt immer wieder Sammelwütige, die alte Autos in der Hoffnung anhäufen, sie irgendwann gewinnbringend verkaufen zu können. Doch für eine Restaurierung fehlen oft Zeit und Knowhow. Irgendwann haben sich die vermeintlichen Schätzchen dann kaputtgestanden und sind wertlos geworden.
Zahlt es sich wirklich aus?
Oldtimer eignen sich daher als Wertanlage vor allem für Liebhaber, in deren Herzen die rollende Antiquität zugleich ein Feuer der Begeisterung entfachen kann. Kühle Rechner werden sich weiterhin kaum für alte Autos erwärmen können. Fritz Cirener, der beim Verband der Automobilindustrie (VDA) das Referat der historischen Fahrzeuge betreut, will deshalb den Blick weg von millionenschweren Versteigerungsfahrzeuge und Renditegier vielmehr den kulturellen Wert der Oldtimerszene richten: „Ich sehe beim Thema Klassik die emotionale Freizeitbeschäftigung und mehr noch den Erhalt des Kulturgutes. Weniger relevant ist der Gedanke der Geldanlage. Kein Besitzer, der das emotional betreibt, wird sich ärgern, wenn sein Fahrzeug einen Wertzuwachs hat. Allerdings liegt in der breiten Menge der Fahrzeuge der Wertzuwachs in der Größenordnung der Park-, Versicherungs-, Betriebs- und Erhaltungskosten.“
Wer ein Oldtimertreffen, eine Oldtimermesse oder gar einen Concours d’Elegance besucht, kann die emotionalen wie monetären Facetten dieser Liebhaberei hautnah erleben. Egal auf welchem Preisniveau sich die Fahrzeuge bewegen, steht im Vordergrund stets die Begeisterung der Autofans. Honoriert werden Seltenheit, kuriose Vita oder ein möglichst tadelloser Zustand. Und damit einhergehend stellt sich eben auch schnell die Frage nach dem Wert und den Wertsteigerungsaussichten.
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