Verdacht Auf Gefälschte 300 Sl Bei Kienle : Insolvenzverfahren eröffnet

hace 10 meses - 4 enero 2024, auto motor sport
Verdacht Auf Gefälschte 300 Sl Bei Kienle
: Insolvenzverfahren eröffnet
Zu Jahresbeginn hat das zuständige Gericht das Insolvenzverfahren im Fall Kienle eröffnet. Ein Termin für die Gläubigerversammlung steht fest, Gläubiger sollen bis 29.01.2024 ihre Forderungen anmelden. Der Betrieb und die Suche nach einem Investor laufen weiter.

Das Amtsgericht Ludwigbsurg hat am 1.1.2024 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kienle Automobiltechnik GmbH eröffnet. Rechtsanwalt Philipp Grub von der Kanzlei Grub Brugger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Gläubiger sollen ihre Forderungen bis zum 29.01.2024 schriftlich beim Insolvenzverwalter anmelden. Am 5.2.2024 können Beteiligte die Tabelle mit den Forderungen am zuständigen Insolvenzgericht einsehen. Die Gläubigerversammlung ist für Montag, 19.02.2024, 10 Uhr im Amtsgericht Ludwigsburg angesetzt.

Betrieb und Investorensuche laufen weiter
Der Insolvenzverwalter führt den Betrieb vollumfänglich weiter. Die Gehälter der 53 Mitarbeiter werden laut einer Mitteilung der PR-Agentur des Insolvenzverwalters "wieder von der Kienle Automobiltechnik GmbH bezahlt". Derzeit werde mit verschieden Investoren und Interessenten verhandelt.

Verfügungsverbot für Klaus Kienle
24.11.2023 – Neueste Entwicklung im Fall des Betrugsverdachts um gefälschte Fahrgestellnummern von Mercedes 300 SL: Nachdem der Flügeltürer-Spezialist Kienle Automobiltechnik GmbH am 30. Oktober 2023 beim Amtsgericht Ludwigsburg die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt hat, "wurden durch das Insolvenzgericht Ludwigsburg weitere Sicherungsmaßnahmen angeordnet", wie der Insolvenzverwalter Philipp Grub mitteilt. Klaus Kienle habe das Unternehmen verlassen.

Der vorläufige Insolvenzverwalter hat die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übernommen: "Gemeinsam mit meinem Team führe ich den Geschäftsbetrieb fort", so Grub weiter. Das Amtsgericht Ludwigsburg hat am 22.11.2023 um 13:30 Uhr zur "Verhinderung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage der Schuldnerin" ein "allgemeines Verfügungsverbot auferlegt."

Geschäftsbetrieb läuft weiter
"Der Geschäftsbetrieb läuft weiter. Wir suchen nach einem Investor, der das insolvente Unternehmen übernehmen soll", erklärte Grub Anfang November 2023 auf Nachfrage. Am Vormittag des 31. Oktober hatte er die Belegschaft über den Insolvenzantrag informiert. Die Löhne und Gehälter der rund 60 Mitarbeiter seien "für die Monate Oktober, November und Dezember über das Insolvenzgeld gesichert", so eine Mitteilung der Kanzlei Grub Brugger.
Laut dieser Mitteilung sei die Insolvenz "eine Folge der laufenden Ermittlungen". Wegen des von den Behörden öffentlich geäußerten Verdachts des "gewerbsmäßigen Betrugs mit dem Verkauf von gefälschten Oldtimern" hätten zahlreiche Kunden geplante Aufträge zurückgezogen.

Wirtschaftliche Lage 2021

Wirtschaftlich war Kienle offenbar schon vor den Ermittlungen in Schwierigkeiten geraten; die veröffentlichten Bilanzen von 2017 und 2020 weisen hohe Verluste auf. Das Ersatzteillager, das 40.000 Position umfassen soll, war 2021 teilweise an Banken und Gläubiger sicherungsübereignet. Das bedeutet, dass die Teile zwar noch im Besitz der Firma sind, die Erlöse aus einem möglichen Verkauf jedoch einem Gläubiger gehören.

Das Firmengrundstück hatte der Restaurierungsbetrieb im November 2021 verkauft und zurückgeleast, um Liquidität für den weiteren Geschäftsbetrieb zu erhalten. Mit Verweis auf die schwierige Wertermittlung einiger Positionen des Ersatzteillagers und des Fahrzeugbestandes hatte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Jahresbilanz 2021 eingeschränkt testiert.

Wollte Mercedes Kienle kaufen?
Berater hatten Kienle im Jahr 2022 unter anderem empfohlen, einen Investor aufzunehmen. Laut Stuttgarter Nachrichten habe Mercedes-Benz Classic Anfang 2023 eine Übernahme des weltweit bekannten Restaurators erwogen, aber schließlich nicht weiter verfolgt.

Die Durchsuchung
Am 31. Mai 2023 durchsuchten das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg und die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Firmengebäude der Kienle Automobiltechnik GmbH in Heimerdingen, die Wohnung des Geschäftsführers Klaus Kienle sowie seiner beiden Söhne Alexander und Marc.

Die Staatsanwaltschaft war auf der Suche nach Beweisen im Zusammenhang mit der doppelten Fahrgestellnummer zweier Mercedes 300 SL Roadster. Kienle steht im "Verdacht des gewerbsmäßigen Betrugs mit dem Verkauf von gefälschten Oldtimern".

LKA und Staatsanwaltschaft haben bei der Durchsuchung Ende Mai "unter anderem zwei Fahrzeuge des Typs 300 SL, einen Motor für den Pkw 300 SL, ein Chassis Typ 300 SL und einen Gitterrohrrahmen für den Typ 300 SL beschlagnahmt" Darüber hinaus "wurden umfangreich digitale Speichermedien sowie schriftliche Unterlagen beschlagnahmt." Die Auswertung der sichergestellten Beweismittel und die daraus resultierenden Ermittlungen dauern an, erklärten LKA und Staatsanwaltschaft auf Nachfrage von auto motor und sport. Für eine Durchsuchung ist ein Anfangsverdacht nötig. Der muss stark genug sein, um eine Durchsuchung zu rechtfertigen.

Die doppelte Fahrgestellnummer
Im Herbst 2022 kauft Ralph Grieser, Inhaber des Oldtimerhändlers Depot 3 in Mülheim-Kärlich, einen roten Mercedes-Benz 300 SL Roadster. Das Auto steht in der Schweiz und hat die Fahrgestellnummer 198042-10-002786. Es gehörte seit 1969 einem Landwirt im Kanton Schaffhausen. Davor besaß der Züricher Geschäftsmann Hans-Ulrich Lenzlinger den roten Roadster.

Der rote Roadster war 2021 in der Schweiz abgemeldet worden. Bei der Anmeldung auf seine Firma Depot 3 sei aufgefallen, dass ein 300 SL mit identischer Fahrgestellnummer schon einmal in Deutschland zugelassen gewesen sei. Dieses Auto war allerdings gelb. Nach der Anmeldung war klar: Es muss zwei 300 SL Roadster mit dem Baujahr 1961 und derselben Fahrgestellnummer geben.

Auf dem Genfer Autosalon im Frühjahr 1961 war ein 300 SL Roadster in Phantasiegelb ausgestellt. Einen Roadster in dieser Farbe hatte Kienle 2019 in seiner Hauszeitschrift beworben und 2020 auf einen Kalender gedruckt.

Grieser ist sicher, das Original zu besitzen. "Zwei Auto-Forensiker haben unabhängig voneinander die Identität und Originalität unseres roten 300 SL Roadster festgestellt." Der Händler bezieht sich dabei auch auf einen weiteren 300 SL: "Wir haben das Auto, das sieben Fahrgestellnummern vorher gebaut worden ist. Das war für mich das Referenzauto."

Gekauft hatte Griesers Firma den Roadster als Handelsauto wegen der Vorgeschichte und des originalen Zustands: "Das Auto hat eine sehr gute Historie: Erstbesitz bis 1969, bis Oktober 2022 beim Zweitbesitzer und 2021 in der Schweiz außer Betrieb gesetzt." Unter anderem seien das Stoffverdeck, die Front- und Seitenscheiben sowie die Teppiche noch die ersten und das Fahrzeug habe nie eine Vollrestaurierung bekommen. Allerdings wurde es einmal rot lackiert. Ursprünglich waren die Karosserie gelb und das Hardtop schwarz.

Der doppelte Roadster

Grieser informiert die Behörden und macht sich auf die Suche nach dem zweiten 300 SL. Ihm gehe es darum, dass das zweite Auto gefunden werde, erklärte er gegenüber auto motor und sport. Den entscheidenden Hinweis bekommt er, als am 6. Juli 203 vor dem Landgericht Stuttgart der Fall zweier 300 SL Roadster mit identischer Fahrgestellnummer verhandelt wird: Der gelbe Roadster sei in Malaysia.

Grieser nimmt Kontakt mit dem Besitzer auf und bringt zur Besichtigung einen Sachverständigen mit. Der hat laut Gutachten den Auftrag, zu untersuchen, ob der phantasiegelbe 300 SL Roadster das originale Auto mit der Fahrgestellnummer 198042-10-002786 sei, ob es über Matching Numbers verfüge und ob "ein automobiler Fachmann dies erkennen" könne, falls das Fahrzeug nicht original sei.

Das Ergebnis ist eindeutig: "Nicht nur für einen automobilen Fachmann sind die vorliegenden Spurenbilder so eindeutig, dass auf eine Manipulation zurück geschlossen werden müsste", schreibt der Sachverständige

Mercedes hat beim 300 SL an diversen Stellen Nummern eingeschlagen. Die Fahrgestellnummer findet sich am Rahmen, am Rahmenkopf ist ab Werk eine weitere Nummer eingeschlagen. An Motor, Getriebe und Hinterachse sind ebenfalls Nummern eingeschlagen, an der Vorderachse links und rechts eine Nummer. Auch Lenkungs-, Tür- und Tankschloss sowie das Koffer- und Handschuhkastenschloss haben jeweils eigene Nummern. Alle Nummern sind in der Datenkarte vermerkt.

Gefälschte Nummern am 300 SL

Der Gutachter hat die Nummern am gelben 300 SL in Malaysia dokumentiert und mit Griesers 300 SL verglichen, den er ebenfalls untersucht hat. Die Motornummer am gelben Auto sei "erkennbar nachgeschlagen", schreibt der Gutachter. "Weitere Identitätsnachweise wie die Bodynummer am Armaturenbrett, die Lenkungsnummer, die Rahmenkopfnummer und die Nummern an den Vorderachshälften wurden entfernt, was für ein Fahrzeug bereits eindeutige Hinweise darstellen, die gegen eine Originalität sprechen." Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass es sich bei dem untersuchten Auto um ein Fahrzeug mit einer anderen Fahrgestellnummer handeln müsse. Dieses Auto mit der Fahrgestellnummer 198042-10-002765 sei 1961 in Weiß mit roter Innenausstattung ausgeliefert und 1983 in Frankfurt gestohlen worden.

Kienle dementiert die Vorwürfe
Auch Kienle hat die Geschichte des phantasiegelben Roadsters recherchiert. Über einen Anwalt erklärt der Restaurator am 16. Oktober 2023 gegenüber auto motor und sport: "Der gelbe Mercedes 300 SL, der sich 2019 erstmals und für kurze Zeit bei Kienle befand, trug die Fahrgestellnummer 198-042-10-002786."
Die Recherchen zur Geschichte des phantasiegelben Roadsters reichen laut Kienle 30 Jahre zurück und "belegen, dass das Fahrzeug mindestens seit Anfang der 1990er-Jahre dieselbe Fahrgestellnummer trägt, die es auch hatte, als es 2019 erstmals zu Kienle kam." Der Restaurator habe das Auto im Rahmen eines Handelsgeschäfts vermittelt und "den gelben Mercedes 300 SL weder als Dublette aufgebaut noch dessen Fahrgestellnummer manipuliert." Aus Sicht von Klaus Kienle "ist die Ursprungsannahme der Ermittlungsbehörden, die ja auch Anlass für die Durchsuchung war, widerlegt".
Der Firmengründer hatte kurz nach der Durchsuchung die Vorwürfe in einem Gespräch mit auto motor und sport Anfang Juni 2023 bestritten: "Wir haben keine Duplikate." Bei der Durchsuchung seien die Fahrgestellnummern von etwa 30 Fahrzeugen überprüft und für korrekt befunden worden, erklärte der Seniorchef auf Nachfrage. Laut einer Pressemitteilung des Restaurators von Anfang Juni 2023 "steht aktuell noch nicht einmal fest, welches der beiden

Fahrzeuge das Original und welches eine Rekonstruktion ist."
Kienle ist "fest davon überzeugt, dass sich die bislang geäußerten Verdächtigungen als haltlos herausstellen werden, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen."
Mercedes 300 SL sind das Spezialgebiet von Kienle Automobiltechnik in Ditzingen bei Stuttgart. Die 1984 gegründete Firma gilt als einer der größten Restaurierungsbetriebe für Oldtimer der Marke Mercedes und weltweit anerkannter Spezialist für 300 SL Flügeltürer sowie die bis 1981 produzierte Staatslimousine 600. Zu den Kunden gehören prominente Sammler, Unternehmer und Sportler.

Das sagt der 300-SL-Club
Wilfried Porth, Präsident des Mercedes-Benz 300 SL-Club Deutschland e.V. empfiehlt Kaufinteressenten "auf jeden Fall ein Herstellergutachten". Dabei würden wesentliche Punkte geprüft: "Ist das ein Stahl von damals, ist er irgendwo geflickt, wurden die Nummern an der falschen Stelle eingeschlagen?" Die 20.000 Euro für eine Materialprobe und einen Datenkartenabgleich im Classic Center seien bei einer siebenstelligen Summe ein vergleichsweise kleiner Betrag. Mercedes Classic sei bei der Dokumentation "gut aufgestellt" und könne deshalb herausfinden, ob es sich um eine Dublette handele, so Porth.

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