
Es war nicht alles schlecht, damals, nach der Wende. Einen Trabi gab's in jedem Dorf der "Neuen Bundesländer" für nen Kasten Bier, einen Moskwitsch für eine Flasche – und dass ein Wartburg, der nicht "Sportwagen" oder "Campinglimousine" heißt, mal 20.000 Westmark wert sein könnte, hätte wohl niemand für möglich gehalten.
Die Erinnerungen sind inzwischen im H-Kennzeichen-Alter, die Autos sowieso. Auch wenn die Zweitakter ihre PS-starke West-Konkurrenz nie überholen konnten: Preislich haben sie sie jetzt eingeholt. Überwiegend jedenfalls.
Classic Data hat für uns die Wertnotierungen von Oldtimern der Warschauer Vertragsstaaten herausgesucht und sie mit den Werten von 2019 verglichen. Hier sind die zehn stärksten Preisgewinner unter den gängigen Ost-Oldies.
Platz 10: Skoda 120

Ach Gottchen, 700 Euro Wertzuwachs in sechs Jahren. Ein schönes Beispiel für Leute, die glauben, mit Oldtimern würde man reich werden. Auf dem Papier hat der Heckmotorwagen aus Mladá Boleslav an Wert gewonnen, aber heutzutage kostet jeder Garagenplatz in der Stadt mehr als 700 Euro. Jedes Jahr. Aber dafür spart man ja beim Kauf.
Platz 9: Skoda Felicia Cabrio

So lustig und idyllisch dieses 50er-Jahre-Cabrio aussieht, so fährt es sich auch: Fröhlich springen die schmalen Reifen über schlechte Straßen, der Schaltstock flutscht nur so durch die Gassen.
Wer so einen Skoda hat, läuft Gefahr, dass man ihm nicht glaubt: Doch, das Auto heißt wirklich Felicia (wie der moderne Kleinwagen von 1994 bis 2001), und doch, wirklich, es ist eigentlich ein Octavia. Denn der Ur-Octavia (ab 1955) hieß als Cabrio erst 450, seit dem Facelift von 1959 (jetzt mit Schraubenfedern vorn) aber Skoda Felicia. Ein paar Exemplare werden immer angeboten. Für rund 22.000 Euro gibt es das bislang letzte Cabrio, das Skoda in Serie baute!
Platz 8: Lada 1200

Jüngere Wessis nennen ihn Lada Nova (weil er nach dem Facelift von 1980 in der Bundesrepublik so hieß), weniger junge Ossis nennen in Schiguli, weil die Baureihe vom Hersteller AwtoWAS erst mal so genannt wurde (Жигули) – und viele verwechseln ihn mit dem Fiat 124. Denn der war die Basis für den geplanten Lizenzbau in Toljatti im sowjetischen Bezirk Samara.
Mit Fiat-Ersatzteilen richtet man am Ur-Lada nicht viel aus, denn die sowjetischen Ingenieure änderten mehr als tausend Details, bevor der Lada in Serie ging. Macht nichts, denn die Ersatzteilversorgung für den Lada ist viel besser als die für den Fiat.
Platz 7: Moskwitsch-412
"Rostquietsch" nannte der DDR-Volksmund die Limousine aus Moskau, und tatsächlich galt ihre Qualität im Alter als, sagen wir, unterragend. Dabei schien Qualität und Haltbarkeit anfangs sogar eine der Stärken des Moskwitsch-412 zu sein: Bei den härtesten Rallyes hielt er durch, wo manches West-Auto ausfiel, ob World Cup Rallye 1970 oder London–Sydney Marathon. Er war halt robust konstruiert, sehr wartungsfreundlich, und der 75-PS-Motor war sehr zuverlässig.
Fortschrittlich war er beim Start 1967 auch noch, mit Bremskraftverstärker und Alu-Motor. Vielleicht hat das Urteil mehr damit zu tun, dass nach dem Start des Lada (oben) der Moskwitsch nicht mehr entschlossen weiterentwickelt wurde und bald veraltet war.
Platz 6: Tatra 603-2

Ein V8 muss nicht blubbern, um schön zu sein. Im Tatra rauscht er aus der Ferne des Hecks, nicht sehr leise, aber kultiviert. Kein Wunder, dass man ihn auch "Doppelkäfer" nannte: Fans von Luftgekühltem mögen ihn sofort. Der 2,5-Liter schiebt mit seinen 100 PS das 1,5-Tonnen-Auto in Windeseile an. Er lenkt sich ausgesprochen leicht, die Lenkung ist zusätzlich noch sehr indirekt, das Lenkrad mit 44,6 Zentimetern riesig. So muss man fleißig kurbeln, aber er fährt sich erstaunlich leichtfüßig.
Im November 1962 kam das Facelift des 603 zum 603-2 (oder 2-603), bei dem die charakteristischen drei Scheinwerfer hinter Deckgläsern von vier Leuchten wie bei unserem Fotowagen abgelöst wurden – gut für die Ausleuchtung, schlecht für die Aerodynamik. Mit gut 20.000 Stück wurde der 603 der meistgebaute Tatra-Pkw.
Platz 5: Wartburg 353 Tourist

In einem Staat, in dem man nur dorthin verreisen durfte, wohin es dem Staat genehm war, war "Tourist" noch ein Status, mit dem man sich gern schmückte. So hieß die Kombi-Variante des Wartburg 353 eben Tourist. Dabei hätte es eines verkaufsfördernden Namens nicht bedurft, denn die meisten Werktätigen konnten von so einem geräumigen Wagen nur träumen.
Nach langen Jahren, in denen der 60er-Jahre-Zweitakter verschmäht wurde, träumen jetzt offenbar wieder mehr Leute von ihm: Mehr als die Hälfte legte der Preis eines Exemplars in gutem Zustand zu, nun reißt der Tourist die 10.000-Euro-Marke. Ist das noch Tourist Class oder schon Business Class?
Platz 4: Trabant 601
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"Treffen sich ein Trabi und ein Kuhfladen ..." – halt! Sensible Zeitgenossen und -genießende machen keine Trabiwitze mehr. Denn das wäre Trabishaming. Wir wollen doch nicht, dass jemand, der eine Papp... einen Klassiker mit Kunststoffkarosserie gekauft hat, sich deshalb verspottet fühlt.
Schon gar nicht, wenn er oder sie dafür 6900 Euro ausgegeben hat. Schließlich sind Trabifahrer achtsame Menschen: Sie achten auf Gefälle und Steigungen, um den zarten Schwung zu nutzen, und auf Schlaglöcher, um nicht hineinzufallen.
Platz 3: Trabant 601 Universal

Die Bronzemedaille geht an das Universalmotorgerät der DDR, den Trabi Kombi: viel praktischer als die Limousine mit ihrem schmalen Kofferraumdeckel, von 1981 an gab es sogar einen Heckscheibenwischer.
Beim Dachzelt allerdings war der Kombi von Nachteil: Hinter der Leiter konnte man nicht ohne weiteres die Heckklappe öffnen. Aber das hält kaum jemanden vom Universal-Kauf ab: Trabifahrer mögen achtsam sein, die Härtesten sind sie dessen ungeachtet immer noch.
Platz 2: Wartburg 353

Die Silbermedaille geht an die 353 Limousine – immer noch etwas günstiger als der 353 Tourist, aber er hat preislich enorm aufgeholt.
Er ist ja auch nicht nur nostalgisch, sondern nachgerade alltagstauglich: mit 525 Liter Kofferraum, toller Übersicht von innen und der schönen Federung. Etwas hochbeinig und französisch weich gespült, saugt sie Bodenwellen geradezu auf und verwandelt sie in sanfte Schaukelbewegungen. Was bleibt, schlucken die dicken Federkern-Sitze. Um aufs Siegertreppchen zu steigen, muss man also nicht sportlich sein.
Platz 1: Tatra T613

Denken Sie sich als Tusch für den Sieger die Jubel-Ouvertüre D-Dur von Bedřich Smetana mit Pauken und Streichern: Hier kommt der Gesamtsieger! Aus dem Lande Smetanas: der Tatra T613.
Unter uns: So eine fröhliche, jubelnde Ausstrahlung hat der 613 gar nicht, in Silber nicht und schon gar nicht im typischen Schwarz. Denn er war DAS Bonzenauto für tschechoslowakische Funktionäre: Der kantige Nachfolger des 603 kam ausgerechnet im Jahr des Prager Frühlings, 1968.
Im Heck rauscht ein luftgekühlter 3,5-Liter-V8 mit 165 PS. Mit 265 Nm Drehmoment schiebt er beeindruckend an; bei hohem Tempo wird der Vorderwagen gefährlich leicht. Material und Verarbeitung übertreffen alles, was Sie sonst in diesem Artikel sehen. Bis in die 90er wurden rund 11.000 Stück gebaut. Kein unschuldiger, aber ein begehrenswerter Wagen. Und die Marktpreise spiegeln das wider.
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