Die späte Nachmittagssonne verwandelt das Nightfire Red des Jaguar XK8 in einen unwiderstehlichen Farbton. Die Metallic-Partikel glühen förmlich um die Wette. In verführerischem Glanz steht das lang gestreckte Luxus-Coupé vor mir auf dem Hof eines Händlers in Crailsheim. Ich habe Respekt vor dem Wagen, nähere mich ihm bedächtig, immerhin kostet er 24.900 Euro. Das ist auf den ersten Blick viel für einen XK8 und viel für Autoexport Komboz.
Man kann hier auch einen Audi A6 Avant für 1.200 Euro kaufen. Ich will mir den Jaguar nur ausleihen, Herr Komboz hat Vertrauen in den verantwortungsvoll wirkenden Redakteur und willigt ein. Ich verspreche ihm, vorsichtig mit dem Wagen umzugehen, der Jaguar im Jahreswagenzustand hat erst 64.325 km drauf, er stammt aus erster Hand. Ein Geschäftsmann aus München hat ihn gefahren, alle Unterlagen des 22-jährigen Autolebens, angefangen beim Originalprospekt und der 97er-Preisliste, liegen unangetastet in einer großen Papiertüte im Kofferraum. Das Bordbuch im Handschuhfach verrät, dass keine, aber auch nicht eine Inspektion ausgelassen wurde.
Der Jaguar XK8 ist das erste von drei Luxus-Coupés, die bewusst meinen automobilen Horizont erweitern sollen, ein Mercedes SL 500 und ein Maserati 4200 GT kommen später noch hinzu. Ich will wie viele andere Youngtimer-Liebhaber auch einmal ausbrechen und in eine 300-PS-Traumwelt vordringen.
Ich will ausgetretene Audi-80-Pfade und bewährtes Mercedes-W-124-Terrain verlassen, um wirklich einmal begehrenswerte Autos zu erleben. Sportwagen mit V8-Motoren und einer rassig geformten Karosserie, die einst neu weit über 100.000 Mark gekostet haben und die es heute bestens gepflegt und regelmäßig gewartet für maximal 30.000 Euro zu kaufen gibt.
Der Handschlag mit Sami Komboz ist erfolgt, er besiegelt die Vereinbarung: Übermorgen gewaschen und vollgetankt zurückbringen. Ich fahre los, der Himmel zaubert zwischen Wolkenfetzen ein dramatisches Abendrot. Der Tank ist noch halb voll, 127 Kilometer habe ich erst einmal vor mir bis nach Hause. Es ist draußen noch hell genug, um mit den Augen vorsichtig das edle Ambiente abzutasten. Ein wahrhaftiges Armaturenbrett aus dickem Walnussholzfurnier breitet sich vor mir aus, die sechs Rundinstrumente sind in dezentem Grün illuminiert, eine analoge Zeituhr erfreut, das Ölmanometer beruhigt.
Man braucht eine Weile, um von Crailsheim auf die A 7 zu gelangen. Es ist eine abwechslungsreiche Landstraßenfahrt mit hügeligen Etappen und weiten, lang gezogenen Kurven. Der Jaguar schnurrt mit 2.500/min in der fünften Fahrstufe seiner ZF-Automatik vor sich hin, ein manueller Eingriff ist nicht nötig, stets ist genügend Kraft vorhanden, das Tempo wird lässig auch ohne Kick-down gehalten.
Vollendeter Komfort im XK8
Ich gewöhne mich schnell an den Jaguar, habe eine imposante, lange Motorhaube vor mir und sitze gut und fest im lederbezogenen Fahrer-Fauteuil, für die ideale Position waren nur ein paar Korrekturen nötig. Die kleinen surrenden Elektromotoren für Sitze und Außenspiegel übertönen den seidigen Vierliter-V8. Seine Laufruhe ist eindrucksvoll, obwohl er doch unzählig viele mechanische Bauteile besitzt, die komplex ineinandergreifen: vier Nockenwellen, zwei Steuerketten, 32 Ventile samt Tassenstößeln, acht Kolben samt Pleuel, eine Kurbelwelle. Ich höre nur ein sonores Grummeln, als ob ein Gewitter ganz weit entfernt heraufzöge.
Nur wenn ich es darauf anlege und dann doch ins J-Gate eingreife, um mir einen niedrigeren Gang zu holen, dann zeigt auch dieses Samtpfoten-Triebwerk sein typisches akustisches Naturell, dann höre ich das artgerechte V8-Stakkato, das nunmehr rau und verrucht so stimulierend wirkt auf den Fahrer, der sich an der Disharmonie des kraftvollen Klangs erfreut. Schließlich ertönt hier die Stimme von 284 PS, die sich erst bei 6.100/ min einstellen. Deshalb verträgt dieser quadratisch ausgelegte Bilderbuchmotor auch eine gewisse Hochtourigkeit.
Doch mehr als 5.000/ min sind bei mir nicht drin, das reicht, um einen sanften Katapulteffekt zu spüren, der das 1,6 Tonnen schwere Coupé in beeindruckender Weise nach vorne wirft.
Nach Einbruch der Dunkelheit sind fast lautlose 130 km/h auf der Autobahn ein angenehmes Reisetempo. Selbst auf der stuckerigen Betonguss-A-7 mit ihren vielen Querrillen rollt der XK8 geschmeidig ab. Entspannt erreiche ich mein Ziel, selten habe ich einem Jaguar im Detail so vertraut, alles, was man anfasst, ist solide, der Türenklang satt. Einzig die fummelige Fernbedienung fürs Öffnen und Schließen des Wagens kommt mir lästig vor. Dass der Handbremshebel im Jaguar links vom Fahrer sitzt, stört mich nicht.
Ohne Bumerang-Rückleuchten
Am nächsten Morgen sehe ich ihn vor meinem Haus. Wieder bringt die noch tief stehende Sonne sein einmaliges Rot zum Leuchten. Sein Profil mit dem betonten hinteren Überhang gefällt mir, er wirkt aus dieser Perspektive wie eine sprungbereite Katze. Jaguars Chefdesigner Geoff Lawson gelang eine ausdrucksvolle Linie, die den E-Type zwar milde zitiert, aber ihn nicht retromäßig kopiert.
Fahrwerksseitig basiert der XK8 auf dem Vorgänger XJS, der Radstand ist gleich, aber die Hinterachse mit ihrem komplexen Geäst aus Längs- und Querlenkern verzichtet auf die am Differenzial liegenden Scheibenbremsen und auf das aufwendige Schraubenfederpaar pro Rad.
Mit Freude steige ich in den Jaguar, er wird mich auf einer entspannten Reise zum Maserati Coupé Cambiocorsa bringen, das mich in Baierbrunn beim Autosalon Isartal erwartet. Es ist kein 3200er-Biturbo-V8, sondern der Nachfolger mit dem grandiosen 4,2-Liter-Saugmotor von Ferrari, aber ohne die von Fans so verehrten Bumerang-Rückleuchten.
Der V8 aus Maranello, der auch den Maserati Quattroporte V antreibt und erst bei 7.500/min endgültig zum Schalten mahnt, hält endlich jene Standfestigkeit, die uns der so teuflisch klingende und animalisch agierende Zahnriemen-V8 mit seinen zwei japanischen Ladern immer wieder aufs Neue versprochen hat.
Autosalon-Inhaber Thomas Franz rührt jedenfalls keinen 3200 GT mehr an, den Cambiocorsa in blauschwarz schimmerndem Nero Carbonio Metallizzato bietet er aus erster Hand mit nur 63.600 km für 29.500 Euro an, die Kupplung, eine typische Cambiocorsa-Schwachstelle, ist neu, und die teils kostspieligen Kundendienste wurden regelmäßig ausgeführt. Franz gibt mir vor dem Losfahren noch einen Grundkurs in der Fremdsprache Cambiocorsa: "Mit dem rechten Paddel schaltet man rauf, mit dem linken runter. Beide zum Lenkrad hin bewegen bedeutet Leerlauf, rechtes Paddel zum Lenkrad legt den ersten Gang ein, und der kleine Knebelgriff auf der Mittelkonsole betätigt den Rückw.rtsgang, alles klar?" Ich mache es mir anfangs leichter und drücke die runde "Automatic"-Taste auf der Konsole, um mich nicht zu blamieren und um das Getriebe zu schonen. Die fahraktive Sechsgang-Konstruktion ohne Drehmomentwandler stammt von Graziano Transmissioni aus Turin.
Eine automatische Kupplung besorgt den Anfahrvorgang, der mir dank wenig Gas geschmeidig gelingt. Wenn man das Getriebe im Automatikmodus bei zügiger Beschleunigung sich selbst überlässt, fallen die Schaltrucke recht sanft aus, manuelles Surfen durch die sechs Gänge erfordert eine gewisse Übung, um den richtigen Moment des Kraftschlusses zu erwischen, Schaltdrehzahlen über 4.000/min quittiert die "Rennschaltung" mit spürbarer Disharmonie. Es ruckt dann arg, und man hat das Gefühl, die Transaxle-Position an der Hinterachse mache es dem Räderwerk nicht leichter.
Jenseits von Cambiocorsa
Nach 20 Kilometern Einfuchsen kann ich mich nun endlich auf das übrige Auto konzentrieren. Schluss mit der Wipperei, Automatikmodus rein und sich am feurigen Ferrari-V8 erfreuen, der sich von 1.500 bis 5.000/min hemmungslos in virtuosen Klangsphären ergeht. Obwohl das äußerlich mit roten Ventildeckeln auf Testarossa getrimmte Triebwerk in seiner technischen Rezeptur mit dem V8 von Jaguar übereinstimmt, fühlt es sich durch seine Hochdrehzahl-Charakteristik völlig anders an.
Das Hubraumplus von nur 248 Kubik generiert eine Mehrleistung von 106 PS und demonstriert damit die Gier der Ferrari-Konstrukteure nach überragenden Literleistungen, hier sind es 91,9 PS, beim Jaguar nur 71,2. Dabei denke ich an eine spitze Drehmoment-Charakteristik mit spätem Peak. Doch es fühlt sich beim Fahren ganz anders an. Es geht, handgepaddelt, im dritten Gang ab 2.000/min selbst bei halb durchgetretenem Gaspedal in diesem Hypersauger dank satten 451 Nm, die bei relativ frühen 4.500/min anliegen, derart zur Sache, dass man an eine Biturbo-Wiederauferstehung glaubt. Das Wunder des einzigartigen Mikrokosmos Verbrennungsmotor, der wie ein Symphonieorchester funktioniert und klingt, im Maserati Coupé wird es deutlich.
Nach diesem Furioso, das so ganz nebenbei die außerordentlichen Fahrwerksqualitäten des Maserati offenbart, brauche ich zur Entspannung erst einmal ein Andante, der Verkehr rund um den Ammersee ist nur von milder Dichte, ich lasse mich zur Foto-Location treiben, der vierte Gang bleibt drin, Bummeln um 2.000/min ist kein Problem. Der Klangteppich des V8 ist nun lässig gewebt, er bildet die ideale Backgroundmusik zur feinen Lederausstattung im dunkelgelben Farbton Vagnilia Scura. Das Leder stammt vom italienischen Nobelhersteller Poltrona Frau, es duftet immer noch herrlich und fühlt sich nappaweich an.
Der Maserati spielt seine Gastrolle als nervenschonender Reisewagen im Augenblick ziemlich gut, die gut 65 Kilometer bis zum Ziel blenden jedweden "Corsa-Ehrgeiz" gründlich aus, jetzt erst fällt mir auf, wie komfortabel der Gran Turismo abrollt, ohne freilich an die Samtpfotigkeit des Jaguar XK8 heranzureichen.
Einen italienischen GT in bester Tradition repräsentiert der aufwendig gebaute Transaxle-Sportwagen auch formal. Designer Giorgio Giugiaro gelang eine klassische, ausgewogene Linie mit wenig experimentellem Drama, aber sehr viel Stil.
Coupé und Roadster in einem
Der brillantsilberne Mercedes SL 500 wartet in Schwabmünchen bei Automobile Hagenbusch auf mich. Um beim Roadster die gewünschte Coupé-Anmutung seines so belebenden bivalenten SL-Wesens zu erzeugen, bleibt das geniale Variodach für die Fotos einfach drauf.
Der 306 PS starke SL 500 aus dem frühen Baujahr 2002 ist bei meiner Übernahme 190.589 km gelaufen. Er kostet 14.900 Euro und besticht durch seinen rostfreien und sehr gepflegten Zustand. Die extrabreiten Piecha-Design-Felgen werten ihn optisch ab, sie sind Inhaber Dieter Hagenbusch sogar ziemlich peinlich, aber sie unterstreichen seltsamerweise das Sehnige, Muskulöse und Machohafte, das ich in der Linienführung des R 230 entdecke.
Dem damaligen Mercedes-Chefdesigner Peter Pfeiffer gelang eine breit und niedrig proportionierte kompakte Skulptur mit dem markentypischen Vieraugengesicht. Der wuchtige SL ist als Zweisitzer mit Gepäckablage sogar noch zehn Millimeter länger als der Maserati, vorne bietet er mir die Großzügigkeit, die ich von einem Luxus-Coupé erwarte.
Ich starte es trotz Keyless Go ganz konventionell mit dem Zündschlüssel, es ginge auch mit dem Startknopf auf dem Wählhebel. Nicht nur das, auch sein kühles Cockpit mit auffälliger Carbondekoration erzeugt in mir das Gefühl, einen Neuwagen zu bewegen. So ein R 230 wirkt außen wie innen so gar nicht traditionell nach Art des Hauses, die vier Instrumente beliebig postmodern gestaltet, ohne die typischen orangenen Zeiger, das sportive Lenkrad so gar nicht heimelig und limousinig wie sonst immer. Mit dem SL 500 zog ein neues Sternen-Zeitalter ein, an das ich mich erst gewöhnen muss.
Perfektion statt Romantik
Trotz dieser Vorbehalte macht er mir beim Fahren große Freude. Zwei Stunden oder 80 Kilometer habe ich noch bis zum Fototermin, um mich mit ihm auszutoben. Ich weiß, dass sein Leichtmetall-V8 mit Doppelzündung eher dem Rotstift folgte als dem konstruktiv Machbaren.
Diesem unspektakulären bulligen Ochsenmotor mit dem leicht vulgären, aber total lässigen Sound fehlt es an Nockenwellen und Ventilen. Doch ich spüre es nicht, Leistung liegt stets mehr als genug unter dem rechten Pedal, die bestens abgestufte Fünfgangautomatik sortiert sie perfekt. Das Drehzahlniveau ist das niedrigste im Trio.
Als glamouröses Alltagsauto würde ich sofort den SL nehmen, seine Funktionalität ist unerreicht, das Vertrauen in eine problemlose Langzeitbeziehung immens. Fahrwerk, Bremsen, Lenkung, alles perfekt. Selbst die überbreiten und ultradünnen Hammerreifen lassen noch genügend Fahrkomfort. Aber von einem Liebhaberauto für besondere Tage erwarte ich Romantik oder wenigstens Verspieltheit, und die hat der SL 500 nur beim Variodachballett zu bieten.
Er eignet sich vorzüglich als Kurierwagen, um Maserati GT und Jaguar XK8 am Ende eines langen Tages wieder zurück zu den Händlern zu bringen. Schade, denn nun beginnt wieder die brave, treue Zeit im Audi 80 GLS.
Nein, der SL 500 ist es bei aller Funktionalität nicht. Mein V8-Favorit heißt Jaguar XK8. Seine Erstklassigkeit, gepaart mit Understatement, spricht mit mir. Auch der Maserati lässt keinen Enthusiasten kalt. Sein Feuer lodert noch im Kopf, wenn das Knistern des heißen V8 in der Garage verklungen ist.
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