Dieser hübsche Trabant in Weiß ist keine 30.000 Kilometer gelaufen

2 years, 2 months ago - 20 September 2022, AutoBild
Dieser hübsche Trabant in Weiß ist keine 30.000 Kilometer gelaufen
Bei eBay steht ein Trabant 601 S zum Verkauf – auf den ersten Blick macht er einen sehr guten Eindruck. Der Trabi hat frischen TÜV, und im Inserat taucht der Begriff H-Kennzeichen auf!

Wer zu Verkaufszeiten des P 601 Trabi fahren musste, der hat den Kleinen und seine Macken vermutlich verflucht. Wer heute Trabant fahren darf, betrachtet das im Allgemeinen als Geschenk. Weg vom aufgeregten Gebimmel moderner Infotainmentsysteme, zurück zum Autofahren.

Der Trabant 601 hat Rallyes und Rennen gewonnen. Er war Filmstar und Gegenstand musikalischer Hits. Vor allem aber hat er unter widrigen Bedingungen ein Volk mobil gemacht. Deshalb ist er zu Recht eine Legende, die bis heute von vielen verehrt wird.

Auf den Fotos macht dieser bei eBay angebotene papyrusweiße Trabant 601 S einen gepflegten Eindruck. Der Verkäufer erwähnt gleich, dass der kleine Zwickauer frischen TÜV hat – der nächste Termin zur technischen Überprüfung steht im Juli 2024 an. Auf dem Tacho stehen 29.600 Kilometer. Das kann man guten Gewissens als überschaubar bezeichnen.

Der angebotene Trabi weiß mit ein paar schönen Details zu überzeugen. Der Verkäufer schreibt von Stoßstangen, Lampenringen und Rücklichtern mit Chromschmuck. Dazu kommen den Angaben zufolge eine Anhängerkupplung sowie ein komplett ausgekleideter Kofferraum. Räder, Bremsen und diverse Buchsen sind neu. Auf dem Preisschild stehen 4490 Euro.

Warum der Verkäufer im Titel des Inserats vom H-Kennzeichen schreibt, wird nicht weiter ausgeführt. Vermutlich will er den Trabant als vom Alter und Zustand her H-Kennzeichen-fähig darstellen. Super! Doch abhängig vom zukünftigen Zuhause stellt sich bei nicht ganz 600 Kubikzentimetern Hubraum die Frage, ob sich das H tatsächlich lohnt.

In welchem Zustand ist die Karosserie?

Es beginnt beim Klassiker: Das Stahlblechgerippe unter der Duroplast-Karosserie rostet gerne. Dieses Gerippe wurden bei Wind und Wetter auf offenen Lkw von einem Produktionsstandort in Zwickau zum anderen gefahren. Das ist gleich von vornherein, sagen wir mal, suboptimal.

Das Material Stahlblech war Mangelware. Also wurden die tragenden Baugruppen der Karosse in 26 Jahren Bauzeit immer dünner. Und Rostschutz ab Werk war in den 60ern bis 80ern nicht nur bei Sachsenring ein Fremdwort.
Wurde der Motor angemessen gepflegt?

Punkt Nummer zwei auf der Checkliste sollte der Motor sein. Wer eher wenig technische Fachkenntnis hat, darf spätestens an dieser Stelle einen Experten zurate ziehen. Die Technik des Trabant braucht nämlich viel und vor allem regelmäßige Pflege.

Problem dabei: Auch wenn eigentlich schon was kaputt ist, fährt der treue Trabi noch. Im schlimmsten Fall sogar mit einem sich anbahnenden Lagerschaden. Um den zu erkennen, braucht man nicht nur Leidenschaft, sondern vor allem geübte Ohren.

Macht das Getriebe Geräusche?

Das Getriebe darf nicht knarzen oder unerwartete Geräusche von sich geben. Als Erstes sollte die Schaltstange ganz leichtgängig sein. Im Idealfall lässt sich ein Trabant nämlich mit einem einzigen Finger schalten.

Der Freilauf des vierten Gangs muss gleichmäßig aus- und wieder einrücken, wenn man den Fuß vom Gas nimmt. Schlussendlich sollte das Getriebe dicht sein.

Fährt der Trabi straff oder schwammig?

Die Schwenklagerbuchsen des Trabant müssen regelmäßig geschmiert worden sein. Sonst geben sie vorzeitig den Geist auf. Die Silentbuchsen der Querlenker kann man nicht pflegen. Sie gehören von Zeit zu Zeit ersetzt.

Fährt der Trabi schwammig, sind die hinteren Dreieckslenker im Eimer. Die Bremsen mögen längere Standzeit nicht. Radbremszylinder können schon nach wenigen Monaten festsitzen.

Wo gibt es Ersatzteile für den Trabant?

Ersatzteile sind unterschiedlich schwer zu beschaffen. Manche Innenausstattungskomponenten der frühen Modelle gibt es einfach nicht. Bei der Technik des 601 sind die Beschaffungsprobleme überschaubar. Aber es gibt auf dem Markt Nachfertigungen in mieser Qualität.
Ein wichtiger Punkt ist am Ende noch die Fahrgestellnummer. Es soll Fahrzeuge geben, die mithilfe einer geänderten Nummer vom Young- zum Oldtimer wurden, um weiter in Umweltzonen fahren zu dürfen. Vorsicht vor solchen "Fälschungen"!

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