Haben Massen-Oldtimer etwa kein H-Kennzeichen verdient?

3 Jahre, 3 Monate her - 9 August 2021, AutoBild
Haben Massen-Oldtimer etwa kein H-Kennzeichen verdient?
Offenbar werden im Bundesverkehrsministerium Pläne geprüft, nach denen von Massen-Oldtimern wie Golf 2 und Mercedes 190 nur Top-Autos das H-Kennzeichen bekämen. Das wäre ein Skandal! Kommentar.

Kürzlich wurde ein explosives Geheimpapier zu den H-Kennzeichen-Regeln für historisch wertvolle Autos bekannt. Danach könnten Prüfer beim Check, ob ein Fahrzeug die Kriterien erfüllt, deutlich schärfer hinschauen. Das Papier liegt beim Bundesverkehrsministerium. Wenn es Gesetzeskraft erlangt, wird neben dem Alter auch die Häufigkeit des Oldtimers zum Kriterium fürs H-Kennzeichen. Dann könnten Prüfer jüngeren, besonders häufigen Fahrzeugen den Oldtimer-Status verweigern, wenn der Zustand nur leicht vom Ideal abweicht! 

H-Kennzeichen erleichtert das Erhalten von Zustand-3-Oldtimern
Soll wirklich der abgewetzte Sitz beim Mazda MX-5, die ausgeblichene Hutablage beim Golf 3 oder einfach die schiere Menge an 190er-Benzen ausreichen, den Wagen das kulturell so wichtige H-Kennzeichen vorzuenthalten? Ich finde nicht. Schließlich erleichtert es die pauschale Kfz-Steuer von 191 Euro auch nicht ganz so betuchten Autobesitzern, einen Oldtimer zu erhalten. Künftig könnten Prüfer bei einem besonders gebrauchten Fahrzeug mit Verweis auf dessen Häufigkeit einfach mal Nein sagen. Das hätte harte Folgen: Es würde den schon gelichteten Autobestand weiter ausdünnen. Denn typischerweise müssen Altwagen im Übergang vom Young- zum Oldtimer meist eine harte Zeit als schnöde Gebrauchtwagen hinter sich bringen. Viele rettet nur die Aussicht auf das H – und die pflegende Hand eines Besitzers, der das Auto durch diese Zeit bringt. Strengere Regeln gingen zu Lasten von günstigen Fahrzeugen. Die Oldtimerei würde immer mehr ein Hobby für gut Betuchte, ist sie in Teilen schon.

Oldtimer-Besitzer pendeln nicht
Jeder, der einen Oldtimer fahrtüchtig hält, weiß, wie groß der Aufwand zum Erhalt des Wagens ist. Und das sich ein H-Kennzeichen-Oldtimer ohne ein weiteres Alltagsfahrzeug nicht versichern lässt. Falls auf Seiten des Gesetzgebers also die Befürchtung besteht, dass Abertausende mit einem steuerbegünstigten Oldtimer pendeln: Das wird nicht passieren. Das H-Schild eignet sich – genau so wenig wie das 07er-Kennzeichen – nicht zum Geldsparen.  Es wäre schade, wenn nur noch geleckte Fahrzeuge das H-Kennzeichen bekämen. Nein, es wäre nicht schade, es wäre ein Skandal.

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