Regelmäßig gewinnen Nachbauten legendärer Sportmodelle die Aufmerksamkeit der Fans von Lamborghini, Ferrari und Co. Aber nicht immer dulden deren Urheber die Kopien, wie jüngst Jaguar im Fall einer C-Type-Replika bewies. Der Hersteller gewann vor Gericht in erster Instanz – bliebe das Urteil bestehen, wäre das schwedische Erbauer-Paar in finanziellen Schwierigkeiten. Macht es Sinn, sich mit der eigenen Fangemeinde anzulegen? Hier diskutieren zwei Redakteure.
Henning Hinze: "Ein Auto einfach zu kopieren, kann nicht rechtens sein"
Ich bin zwar nicht aus Köln, aber "lääve un lääve losse" ist mein Motto. Ich bin da ganz liberal: Ob jemand jüngere oder teurere, patinierte oder optimierte Autos mag, ist für mich nachrangig – Hauptsache, er ist mit dem Herzen dabei. Im Fall von Replikas, also nachgebauten Autos, bin ich allerdings zurückhaltend. Erstens misslingen sie meistens; die absurden Ferrari- oder Lamborghini-Nachbildungen auf Corvette- oder Pontiac-Fiero-Basis sind abschreckendes Beispiel genug. Wenn sich Hersteller gegen derartige Karikaturen ihrer Autos wehren, haben sie mein volles Verständnis!
Aber auch wenn die Nachbauten gut sind, stellt sich die Frage, warum jemand einfach eine Entwicklungs- und Gestaltungsleistung, wie sie ein Auto darstellt, kopieren dürfen soll. Mir fällt keine Antwort ein. Weil er es kann? Weil er Fan ist? Alles keine hinreichenden Begründungen für eine Aneignung geistigen Eigentums. Natürlich darf ein Fan, der es kann, fragen – und hier macht in einem aktuellen Fall Jaguar einen heftigen Kommunikationsfehler: Im Streit um einen C-Type-Nachbau eiert die Firma herum im Hinblick auf die Frage, ob sie einem schwedischen Paar direkt oder indirekt einen Nachbau erlaubt hat. Falls sie das getan hat, sollte sie sehr dringend klein beigeben oder genau sagen, welcher Vorfall zu einem Meinungsumschwung geführt hat. Schweigen führt hier zu einem gemessen an der Rest-Bedeutung der Marke phänomenalen PR-Desaster.
In der grundsätzlichen Replika-Frage ändert der komplexe Einzelfall allerdings nichts. Die Entwürfe gehören den Herstellern, sie entscheiden über ihr geistiges Erbe. Und selbst wenn sie es ganz schnöde mit eigenen Replikas selbst zu Geld machten, wäre das zwar vielleicht unsympathisch, aber ihr gutes Recht.
Martin Puthz: "Lasst den Fans doch ihren Spaß"
Jeder Hersteller hat das Recht, sein geistiges Eigentum zu schützen. Dazu gehört auch ein Verbot von Replikas, die andere bauen als er selbst – sofern er vor Gericht damit durchkommt. Die Frage ist am Ende nur, wem das Ganze nützt oder schadet. Während Mercedes 2012 die Verschrottung einer 300-SL-Kopie juristisch absegnen ließ, hat Jaguar Ähnliches bisher nicht mal versucht. Sogar Plagiatoren, die einige Hundert Replikas ganz offiziell in Verkehr gebracht haben, hatten in der Vergangenheit nie Stress mit dem Hersteller. Das schwedische Ehepaar Magnusson sollen die Briten bei seinem C-Type-Projekt zunächst sogar wohlwollend unterstützt haben. Warum also jetzt der Sinneswandel? Eine ernste Konkurrenz zu den Jaguar-eigenen Replikas dürfte die Rennwagen-Nachbildung aus der schwedischen Hinterhofwerkstatt kaum sein. Und Vorwürfe wie die Planung einer Kleinserie sind bislang unbewiesen. Was bringt der ganze Ärger also dann, der bald in zweiter Instanz die Gerichte beschäftigen wird?
Vor allem eines: Unverständnis in der Szene. Mächtiger Industriegigant gegen kleinen Garagenbastler: Eine solche Goliath-gegen-David-Story weckt negative Emotionen, die sich gegen den vermeintlich Stärkeren richten. Zum PR-GAU ist die Sache längst geworden, auch wenn Jaguar derzeit versucht, durch Schweigen Schadensbegrenzung zu betreiben. Vielleicht wäre es klüger gewesen, statt die juristische Keule zu schwingen lieber die Kirche im Dorf zu lassen. Jaguars Zukunft lebt von der Vergangenheit. Und die hält weniger die Klassiksparte des Herstellers am Leben als eine große Zahl von Enthusiasten wie die Magnussons. Nicht jeder baut Replikas, aber manche tun es eben. Lasst sie doch einfach.
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