Im Autojahr 2004 war einiges los: BMW drängelte mit dem 1er in die Kompaktklasse, die sicher nicht unterbesetzt war. Gleichzeitig sorgte die Marke mit einem deutlichen Designschritt für Diskussionen. Als deutlich harmonischer, aber nicht weniger diskussionsbedürftig empfand das Publikum den CLS, mit dem Mercedes emotionales Design auf Basis der E-Klasse auf die Räder stellte und das Segment viertüriger Coupés etablierte – nachdem Rover so etwas Ähnliches in den 70er-Jahren schon einmal im Angebot gehabt hatte.
Sportwagen 2004: Boxster, 350Z, Mustang
Bei Porsche legte der Boxster mit dem Wechsel zur zweiten Generation 987 die umstrittenen Scheinwerfer ab und an Leistung zu. Bis heute ist der Zweisitzer ein verlockender Sportwagen. Wer 2004 günstiger und handfester Sportwagen fahren wollte, griff zum Nissan 350Z. Den gab es als Coupé und in einer offenen Version. Klassiker sind heute beide. Genauso wie der Ford Mustang, der 2004, 40 Jahre nach der Premiere des erfolgreichen Urtyps, in fünfter Generation wieder zu altem Charisma zurückfand. Wir nennen Ihnen fünf Autos des Jahrgangs 2004 vom BMW 130i bis zum Porsche Boxster.
Sebastian Renz über den BMW 130i: How do you Turnschuh?
Bedenke ich es recht, habe ich noch nie ein Auto wegen seines Motors gekauft, sondern tatsächlich die allermeisten trotz ihrer Triebwerke. Anders lassen sich ein Peugeot 405 mit 75-PS-Basisbenziner, eine kleine Herde an VW T3 mit Saugdiesel, eine Horde Volvo 740/940 mit Zweiliter-Trödelbenziner oder ein Renault Espace IV mit trinkwütigem, aber temperamentsmattem Zweiliter-Turbobenziner in meiner Auto-Biografie nicht erklären.
Doch dann, an einem Abend im Dezember 2004 und an einer Ampel an der Ausfallstraße von Mosbach, da reißt mich der Reiz des Reihensechszylinders mit sich. Es ist ein Moment vollendeten spätjugendlichen Leichtsinns, als ich in einem BMW 130i, den ich zu Testzwecken für auto motor und sport fahre, neben einem Mercedes SLK 230 K bei Rot zum Stehen komme. Es gibt erst diese mit wenigen Gesten erledigte gegenseitige Beleidigung, sodann ein Sprintduell bei Grün. Das ich zu meiner Überraschung für mich entscheide. Was ich keineswegs mir, sondern den 258 PS des 130i verdanke. Der Reihensechser ist ein Triebwerk vollkommener Brillanz: hochkultiviert einer-, ungemein schlagfertig andererseits, durchziehend, hochdrehend. Den 1er – vor allem den späteren Zweitürer – treibt er so zu Höchstleistungen und hebt ihn damit auf das Erlebnisniveau eines Z3 Coupé. Ja, wenn es je einen Nachfolger für "The Turnschuh" gab, dann den 130i: Hinterradantrieb, Brillanzhandling, Bayerisches Motoren-Meisterwerk. Inzwischen sind die 130i ziemlich teuer. Was mich nicht so schreckt, nehme ich eben einen 116i.
Michael Orth über den Ford Mustang V: Komm Pony reiten
Sie waren immerhin konsequent. Über vier Jahrzehnte und ebenso viele Generationen hinweg, gab es in der Entwicklung des Mustang nur eine Richtung: zum Schlechteren. Vom stilprägenden Pony Car, vom Original mit legendärem Status und bestechendem Charisma hatte Ford den Mustang zumindest seit den 1970ern mit bemerkenswerter Stringenz zur Randerscheinung umgeformt, zur Witzfigur, die mit den Anfängen nichts mehr gemeinsam hatte, mal ausgenommen den Namen und eine Pferdeplakette im Kühlergrill.
Die trägt auch der Mustang V, präsentiert, als wäre das mit Absicht so passiert, genau 40 Jahre nach dem ersten Modell dieses Namens. Und als hätte es all die Irrungen und Wirrungen bis dahin gebraucht, um zur Vernunft und zu den Ursprüngen zurückzukommen, ist dieser fünfte der eigentliche Nachfahre des ersten Mustang. Auch er ist so sehr Auto wie Aura. Er hat dieselbe Kraft der Ausstrahlung und verkörpert dieselbe Idee.
Die Ford mit Europa zunächst gar nicht teilen wollte. Ein offizieller Import war anfangs nicht vorgesehen. Was sollte die alte Welt mit dem neuen Auto? Dasselbe wie mit dem alten: einen Traum bewegen. Am besten befeuert und entsprechend orchestriert, klar, von acht Zylindern. Wenn es sein muss, tun es auch sechs. Schöner aber der vom Kompressor assistierte V8 des GT 500, erst mit 507, nach dem Facelift 2010 bis zu 660 PS stark. Wenn schon, denn schon. Als automobile Übung in Bescheidenheit ist der Mustang ohnehin falsch verstanden.
Michael Schröder über den Mercedes-Benz CLS 500: einen Bogen gespannt
Mercedes wollte es der Welt endlich beweisen. Dass man nicht nur vernünftige, sondern auch, hm, sinnliche Autos bauen kann. Eine brave E-Klasse (W 211) durfte als Basis für dieses mutige Projekt herhalten, ein gutes Auto, keine Frage, aber keines, das dich optisch vom Hocker reißt, weder damals noch heute. Möglicherweise hatte deshalb wohl auch niemand mit einem so verwegenen Ergebnis gerechnet: Platt wie eine Flunder stand er da, der neue CLS (C 219), mit bogenförmiger Karosserie und ziemlich schmalen Fenstern. Die hauseigenen Marketingstrategen sprachen fortan von einem viertürigen Coupé, während Paolo Tumminelli, Design-Professor an der Technischen Hochschule Köln, dieses Auto seinerzeit in einem "FAZ"-Interview als "manipulierte Limousine" bezeichnete.
Wie dem auch sei, der CLS fällt auf, ist mit seiner geschwungenen Linie weder beliebig noch austauschbar, was dem steinigen Weg in den Klassiker-Olymp schon mal viel von seinem Schrecken nimmt. Mercedes-typisch die Verarbeitung und natürlich die Ausstattung mit viel Leder, klimatisierten Massagesitzen und edlen Hölzern. Die angebotene Motorenpalette unterstützt den Oberklasse-Anspruch des CLS: Vierzylinder und Schaltgetriebe sind tabu. Okay, es gibt einen 225 PS starken Diesel, der seinerzeit ziemlich gefragt war. Heute hingegen dürfte es eher ein 350er-V6 mit 272 PS oder gleich der 306 PS starke V8 im 500er sein. Der 476 PS starke CLS 55 AMG spielt dann wieder in einer eigenen Liga. Aber warum eigentlich nicht?
Heinrich Lingner über den Nissan 350Z Roadster: my Fairlady
Das sehr knackige Schaltgetriebe wird mit diesem griffigen Stummel kommandiert. Automatik-Autos sind die Ausnahme.
Ein fetter Sechszylinder unter der Haube, zwei recht knapp bemessene Sitzplätze, ein Sperrdifferenzial an der Hinterachse und über uns der Himmel, was kann da schon schiefgehen?
Eigentlich nichts. Womöglich liegt’s an der Kundschaft, die Anfang des Jahrtausends noch nicht ganz so weit ist, einen 280 PS starken und rund 40.000 Euro teuren Roadster aus Japan richtig cool zu finden. Nach dem Facelift gibt es 301 PS, was wenig am Wesen des 350Z Fairlady (wie er in Japan heißt) ändert. Er ist bis heute ein Zweisitzer für Hinlanger – für Kerle oder Mädels, die mit festem Griff das Verdeck in die Verriegelungsösen drücken und die beim Zurückschalten die Synchronringe mit gezielten Zwischengas-Stößen anfeuern können.
Von den Annehmlichkeiten moderner Roadsterei hat der 350Z kaum welche zu bieten. Nackenföhn, gekühlte Sitze oder nennenswerten Federungskomfort sucht man vergebens. Okay, Klimaanlage und Sitzheizung gibt es immerhin, falls es mal zu warm oder kalt werden sollte. An Wind um die Ohren mangelt es nie, wenn das halbautomatische Verdeck versenkt ist. Schon bei moderatem Landstraßentempo stürmt es derart heftig, dass man die Geschwindigkeit eher an einer Beaufort-Skala als am Tacho ablesen könnte. Ab 2009 heißt der Wagen übrigens 370Z, weil er mehr Hubraum und rund 30 PS mehr vorweisen kann. Dazu kommt ein System namens Synchro Rev Control, das die Drehzahl beim Schalten automatisch anpasst. Ein Auto für Könner und Kenner bleibt er dennoch.
Peter Michaely über den Porsche Boxster, Typ 987: wie aus dem Ei gepellt
Ich mag sie ja, die Spiegelei-Leuchten des ersten Boxster vom Typ 986, präsentiert 1996. Sie passen zu diesem 90er-Jahre-Designobjekt wie eine Lavalampe, die in jener Dekade ihre Renaissance erlebte. Die einzelnen Elemente verschmelzen, gehen ineinander über, schroffe Ecken und Kanten sucht man vergeblich. Das Porsche-Design-Team um Harm Lagaay hat schon rein optisch den perfekten Gameboy für die Straße entworfen, nur halb so teuer wie ein Neunelfer, mit Wasser- statt Luftkühlung und Mittel- statt Heckmotor. Fast 40 Prozent der Teile sind beim Boxster und dem 1997 präsentierten Elfer des Typs 996 identisch, bis zur A-Säule sehen sie praktisch gleich aus. Doch eben das ist das Problem, zumindest wird es so kolportiert: Zu ähnlich sähe der Neue der Legende. Der Erfolg gibt Porsche recht, der Boxster verkauft sich auf Anhieb besser als der Platzhirsch, wenngleich die Sehnsucht nach dem klassischen Elfer-Antlitz bleibt.
Im Sommer 2004 erfüllt Porsche sie bei der sechsten Generation vom Typ 997, schickt Ende desselben Jahres auch den zweiten Boxster, Typ 987, ins Rennen. Die jetzt wieder schlichten, runden Scheinwerfer versöhnen Fans und Kritiker mit dem Elfer, der Boxster hat zumindest das Tal der Tränen durchschritten, das Triefaugen-Image ist passé. Auch die eher magere Leistungsausbeute des Ur-Boxster – sie liegt zwischen 204 und 228 PS, beim Boxster S zwischen 252 und 260 PS – ist vergessen, je nach Version lockt der 987 mit 240 bis 255 PS, als Boxster S mit 280 bis 310 PS. Klingt verlockend, oder etwa nicht?
Fazit
Na, haben Sie es bemerkt? Unsere ganz subjektive Liste so unterschiedlicher Autos wie Mercedes CLS und Ford Mustang, Porsche Boxster und Nissan 350Z sowie BMW 130i hat eine Gemeinsamkeit: großvolumige Saugmotoren mit mindestens sechs Zylindern und einem Schaltgetriebe. Fällt Ihnen heute ein bezahlbarer Neuwagen mit diesen Merkmalen ein? Eben.
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