Den Ferrari Testarossa hatten Jungs in den 80er-Jahren in ihrem Kinderzimmer hängen, als Poster an der Wand. Tuner bauten die seitlichen Lüftungsschlitze nach und klebten sie an verbreiterte E-Kadetts oder Calibras. Mit seinem spoilerfreien Design von Pininfarina und den spektakulären Proportionen wurde der Testarossa zur Sportwagen-Ikone.
V12 mit 500 PS und 600 Nm
Kann man ein solches Auto verbessern? Man kann. Officine Fioravanti, eine Firma im Schweizer Tessin, hat sich vorgenommen, einen Restomod zu bauen. Das Äußere soll bis hin zu den typischen Fünfstern-Rädern unverändert bleiben. Technisch hingegen tut sich ein bisschen was. Der 4,9-Liter-Zwölfzylinder wird stärker und leistet nun 500 PS. Im Testarossa kam der 180-Grad-V12 auf 390, im 512 TR auf 428 PS und im 512 M lieferte er 440 PS und maximal 500 Nm. Die Höchstdrehzahl gibt Officine Fioravanti mit 9.000/min an. Modifikationen an Motorblock, Einspritzung, Ventilen und Auspuffanlage bringen 60 PS und 100 Nm mehr als beim Original. Die aus Inconel und Titan gefertigte Auspuffanlage verfügt über Klappen, die den Klang verändern.
Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h
Während der Motor an Kraft zulegt, soll das Auto insgesamt leichter werden: mit rund 120 Kilogramm weniger kommt der Restomod auf unter 1.400 Kilogramm Leergewicht. Auf Karbon verzichtet Officine Fioravanti übrigens: Das Material sei historisch nicht korrekt. Die Aerodynamik hingegen wird mit einem flachen Unterboden optimiert. Am Ende soll der Testarossa 323 km/h Höchstgeschwindigkeit erreichen. Das Original ist mit 295 km/h angegeben, der spätere 512 M mit 315 km/h. Ein Frontlift-System hebt die Nase des Testarossa bei Bedarf um 70 Millimeter an.
Elektronisch einstellbare Stoßdämpfer von Öhlins sind nicht die einzigen Modifikationen am Fahrwerk. Die beiden Querstabilisatoren verfügen über sechs Positionen. ABS und Traktionskontrolle sind in zwölf Stufen von "wet" bis "race" einstellbar. Die Bedienrädchen dafür befinden sich zwischen den Sitzen. Brembo-Bremsen nehmen die vorderen Scheiben mit sechs und die hinteren mit vier Kolben in die Zange. Die Reifen auf den Felgen – statt originaler 16 Zoll vorn mit 17 und hinten mit 18 Zoll Durchmesser – liefert Michelin. Der Kunde kann zwischen drei unterschiedlichen Typen bis hin zum supersportlichen Trofeo R wählen. Auch bei anderen Punkten hat der Kunde Mitspracherecht.
Im Gegensatz zum Äußeren bekommt der Innenraum ein deutliches Upgrade: Leder und Aluminium ersetzen den originalen Kunststoff. Ersetzt wird auch das Radio – statt Kassette und UKW gibt es hier USB-C und Apple Carplay sowie einen kleinen Bildschirm zwischen den klassischen Zusatzinstrumenten in der Mittelkonsole. Mit einem Hinweis auf die Vergangenheit löst Officine Fioravanti die Anbindung des Smartphones: Das verbindet sich per Bluetooth mit einem Autotelefon im 80er-Jahre-Look. Was der Restomod kostet und wie viele Testarossa umgebaut werden sollen, verrät Officine Fioravanti noch nicht. Preise nennen die Schweizer ebenfalls noch nicht. Wer sich schon mal nach einem originalen Testarossa umsehen möchte: Ein gepflegtes Exemplar kostet laut Classic Analytics zwischen rund 66.000 und 90.000 Euro.
Ikonen verbessern ist ein Geschäft, dem sich schon seit einigen Jahren Singer mit einigem Erfolg verschrieben hat. Auch Ferrari Restomods kommen ab und zu auf den Markt. Nun macht sich eine Schweizer Firma daran den Testarossa zu optimieren, ohne den Geist der 80er-Jahre zu vertreiben: Mehr Leistung durch klassisches Tuning passen in die Entstehungszeit, Karbon nicht und die moderne Smartphone-Integration verstecken die Schweizer in einem zeitgenössischen Auto-Telefon.
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