BMW braucht mehr Typen. Mit dem 1800 wurde das erste Stück des Weges geschafft, der das Münchener Werk zu einer sicheren, selbständigen Existenz führen soll. Es gelang, diesen Wagen in einer "Marktlücke" zu platzieren und damit etwas äußerst Wichtiges aufzubauen: einen Kundenstamm. Denn anders als Mercedes, Opel oder Ford verfügte BMW vor fünf Jahren nicht über einen festen Bestand markenbewusster und markentreuer Käufer. Nun sind sie vorhanden, und es gilt sie festzuhalten. In der Autobranche ist es eine alte Erfahrung, dass dies am besten durch das Anbieten von "Aufstiegsmöglichkeiten" zu erreichen ist. Den Modellfall dafür lieferte der 1800 TI: Der eigentlich als Sportversion gedachte TI wurde zum Verkaufserfolg, weil er eine Alternative darstellte. Viele kauften ihn, ohne sich für die höhere Leistung zu interessieren. Sie kauften ihn nur, weil er über dem 1800 die nächstteurere und nächststärkere Version war, und weil die Buchstaben "TI" dies nach außen hin demonstrierten.
Der 2000 zielt psychologisch in die gleiche Richtung. Nur wurden ihm außer dem größeren Hubraum und der höheren Leistung auch äußere Reize mit auf den Weg gegeben: eckige Scheinwerfer, neue Heckleuchten und verschiedene Ausstattungsverbesserungen. Es ist kein Geheimnis, dass der höhere Preis hauptsächlich durch die teurere Karosserie bedingt ist. Größerer Hubraum kostet nichts, und die technischen Änderungen an Motor, Kraftübertragung, Federung und Bremsen sind nicht überaus umfangreich. Im Zuge der Montagevereinfachung ist es durchaus denkbar, dass sie eines Tages, zumindest teilweise, auch beim 1800 eingeführt werden.
Der 2000 ist also im Prinzip eine Luxusausführung des 1800 mit vergrößertem Hubraum. Der Mehrpreis von fast 1.300 Mark ist im Verhältnis zum echten Mehrwert recht hoch. Das lässt darauf schließen, dass der 1800 nach wie vor die Hauptrolle im Programm spielen soll, während der 2000 für die "Aufsteiger" gedacht ist. Der nächste Schritt wäre dann, wie man sich leicht ausrechnen kann, ein Sechszylinder, der wiederum eine Preis- und Leistungsklasse höher liegt. Zuvor allerdings kommt der billigere neue 1600, der von unten neue Käufer heranführt, die sich dann mit der Zeit nach oben durch das Programm "fressen" können. Und damit wäre die Breite des Angebots erreicht, die nötig ist, um in Zeiten schlechterer Konjunktur das Geschäft zu stabilisieren.
Hauptunterschied: Mehr Hubraum
Was spricht nun für den 2000? Am wenigsten die eckigen Scheinwerfer, die nach unseren Feststellungen in der Lichtwirkung im Vergleich zu den runden eher schlechter als besser sind. Besonders das Fernlicht empfanden wir als äußerst dürftig für einen so schnellen Wagen. Die neuen Heckleuchten betonen die Horizontale stärker als die bisherigen, was dem Aussehen des Wagens förderlich ist. Chrom am Türpfosten und Holzfurnier am Armaturenbrett sind ohne praktischen Wert, und so bleiben als echte Vorzüge die besser und tiefer gepolsterten Sitze, das Ablagefach auf dem Getriebetunnel, die Mittelarmstütze im Fond und die Heckscheibenentlüftung.
Das ist nicht sehr viel, wenn wir auch die gute Stützwirkung der neuen Sitze und das praktische Ablagefach nicht bagatellisieren wollen. Auch der Entlüftungseffekt ist angenehm, scheint allerdings bei großer Kälte dazu beizutragen, dass es im Wagen nicht mehr sehr warm wird, wenn man schnell fährt. Im Ganzen bedeuten die Ausstattungsunterschiede keine entscheidende Verbesserung gegenüber dem 1800.
Schon eher ist dies bei den technischen Unterschieden der Fall — solange die Änderungen nicht auch beim 1800 vorgenommen werden. Der 2000 hat die Zwischenlagerung der Kardanwelle, die beim 1800 schon vor langer Zeit geplant war, aber nicht eingebaut wurde. Er hat eine verstärkte Vorderachslagerung, größere Bremsscheiben und steifere Bremssättel, und alle diese Dinge dürften auch dem zu Vibrationen neigenden 1800 guttun. Höchstens der wirksamere Bremsverstärker (Doppel-Mastervac), eine Verteuerung zugunsten der leichteren Bedienung, bleibt vielleicht dem 2000 Vorbehalten, während die neue Kupplung, die Änderungen am Motor und die Abwandlungen der Federung sicherlich auch dem 1800 zugutekommen. Denn was spricht dafür, in zwei so nahe verwandten Typen verschiedene Kupplungen oder verschiedene Hinterachsen einzubauen?
Weich und schaltarm
Der technische Unterschied liegt also auf die Dauer hauptsächlich im Hubraum. Zahlenmäßig kommt dies nicht nur in der von 90 auf 100 gestiegenen PS-Zahl, sondern auch in dem von 14,6 auf 16 mkg angestiegenen maximalen Drehmoment zum Ausdruck. Es wird nach wie vor bei 3.000 U/min erreicht, was auf eine ganz andere Motorcharakteristik hindeutet als beim 1800 TI: Beim TI beträgt das maximale Drehmoment 15,1 mkg bei 4.000 U/min. Der 2000 erreicht also ein höheres Drehmoment bei niedrigerer Drehzahl. Er ist im mittleren Drehzahlbereich durchzugskräftiger und daher weniger auf hohe Drehzahlen angewiesen. Der ursprünglich als 1,5 Liter herausgebrachte Motor hat sich damit völlig verwandelt. Während beim 1500 die Leistung nur aus der Drehzahl geholt werden konnte, lässt sich der 2000 weich und relativ schaltarm fahren. Er ist auch (noch mehr als der 1800) für ein automatisches Getriebe prädestiniert. Wir werden uns mit der automatischen Ausführung so bald wie möglich befassen.
Neben dem besseren Durchzugsvermögen liegt ein weiterer Vorteil im weicheren, geräuscharmeren Lauf. Der 1800 ist ein verhältnismäßig rauh laufender Motor — seltsamerweise rauher als der 1600. Bei BMW führt man dies auf Unterschiede im Verbrennungsablauf zurück, die durch das Hub-Bohrungsverhältnis bedingt sind. Beim 2000 mit seiner auf 89 mm vergrößerten Bohrung sind die Bedingungen offensichtlich wieder günstiger. Auch die Form des Brennraums wurde (bei allen Modellen) geändert. Hinzu kommt, dass beim 2000 die mit 8 Gegengewichten versehene Kurbelwelle eingebaut wird, die bisher nur in der Spezial-Sportausführung TI/SA verwendet wurde. Die bessere Auswuchtung dieser Welle kommt natürlich ebenfalls dem ruhigeren Lauf zugute.
Höhere Leistung ist weniger auffällig
Weitere Verbesserungen betreffen die Verlegung des Thermostaten vom Kühlwasser-Austritt zum Kühlwasser-Eintritt (wodurch vermieden werden soll, dass beim Öffnen des Thermostaten zu kaltes Wasser in den Motorblock gerät), die Einführung von gepanzerten Auslassventilen, eine Spritzdüsen-Schmierung der Nockenwelle und neue Führungsschienen mit hydraulischer Dämpfvorrichtung für die Doppelkette des Nockenwellenantriebs. Diese Änderungen beschrieben wir in "Daten und Taten" in Heft 4 ausführlich.
Das größere Drehmoment und der weichere Motorlauf sind im praktischen Betrieb deutlich zu spüren. Weniger auffällig ist die höhere Leistung. Der 2000 liegt im Temperament dem 1800 näher als dem 1800 TI, obwohl er der zahlenmäßigen Leistung nach genau die Mitte zwischen beiden einhält. Unsere Beschleunigungsmessungen lagen sogar etwas ungünstiger als bei dem 1963 gemessenen 1800. In der Höchstgeschwindigkeit dagegen war der 2000 besser — er erreichte 168 km/h gegenüber den 163 km/h des 1800. Dies entspricht auch genau der Werksangabe. Der Motor des 2000 lässt sich beachtlich hoch ausdrehen — wir kamen bei den Beschleunigungsmessungen auf über 6.500 U/min, ohne dass ein Leistungsabfall festzustellen war. Allerdings legt er in diesem Bereich nicht mehr so willig "zu" wie der Motor des TI, so dass man im Normalbetrieb . kaum in Versuchung kommt, über 6.000 U/min hinauszudrehen. 168 km/h entsprechen ca. 6.300U/min. Die nominelle Höchstleistung von 100 PS wird dagegen schon bei 5.500 U/min erreicht, die 150 km/h im IV. Gang entsprechen. Man kann aus alledem auf eine oberhalb der Nenndrehzahl flach, aber relativ gleichmäßig verlaufende Leistungskurve schließen. Beim 1800, der ja seine Höchstleistung schon bei 5.250 U/min erreicht, fällt die Leistung jenseits von 6.000 U/min etwas stärker ab.
Bis zu 18 Liter/100 km
Die an sich gute Elastizität wurde beim Testwagen durch einen nicht einwandfreien "Übergang" beeinträchtigt. Auf größere Änderungen der Gaspedalstellung reagierte der Motor unwillig und ruckartig, in kaltem Zustand blieb er gern stehen. Eine Überprüfung von Vergaser und Zündung in der Werkstatt brachte keine Besserung. Mit der offenbar noch nicht gelungenen Vergasereinstellung dürfte auch der unerwartet hohe Verbrauch Zusammenhängen, den wir beim Testwagen feststellten. Obwohl in der Leistung unterlegen, brauchte er mehr als unser 1800 Tl-Dauertestwagen. Unsere Verbrauchswerte lagen zwischen 11 und 18 Liter/100 km, so dass wir den vom Werk angegebenen Normverbrauch von 10,8 Liter/100 km nur als Minimum erreichen konnten. Anscheinend wird es neuerdings zur Regel, dass die Zusammenarbeit zwischen Automobilhersteller und Vergaserhersteller nicht klappt, denn ähnliches trat bereits beim BMW 1800 TI, beim Ford 20 M und beim neuen Opel Rekord und Kadett auf. Der Vergaserhersteller war in allen Fällen die Deutsche Vergaser-Gesellschaft (Solex).
Noch ein kleiner Seitenblick auf den 2000 TI: Der 120 PS-Motor wird in die Karosse des 1800 TI eingebaut, und man darf annehmen, dass der 2000 TI an die Stelle des 1800 TI treten wird. Der Motor hat zwei Doppel-Horizontalvergaser im Gegensatz zum Einfach-Fallstromvergaser des 2000, das maximale Drehmoment beträgt 17 mkg bei 3.600 U/min, die Höchstleistung 120 PS bei 5.500 U/min. Es wurde also auch hier — im Vergleich zum 1800 TI — das Drehzahlniveau gesenkt, so dass ein recht kultiviertes Motorverhalten zu erwarten ist. Mit einer 3,9-Hinterachse (2.000:4,11) soll der 2000 TI 180 km/h erreichen.
Nicht butterweich
Die Zwischenlagerung der Kardanwelle wird von BMW nicht betont propagiert — vermutlich weil man es selbst als peinlich empfand, diese längst vorgesehene Verbesserung erst jetzt in Serie gehen zu lassen. Lohnend ist sie unbedingt, denn der Wagen läuft damit bei hohen Geschwindigkeiten viel ruhiger. Während man bisher bei 160 km/h immer das Gefühl hatte, es könnte irgendetwas kaputtgehen, fühlen sich Fahrer und Wagen jetzt in diesem Bereich durchaus wohl.
Viel besser geworden ist auch das Verhalten des Wagens beim Bremsen. Das früher häufige Rubbeln ist verschwunden. Verschwunden ist auch der unangenehm elastische Widerstand im Bremspedal, der bisher für die BMW-Bremsen typisch war. Wir maßen hervorragende Verzögerungswerte auch nach starker Beanspruchung — offensichtlich hat der BMW jetzt die Bremsen, die einem so leistungsfähigen und technisch anspruchsvollen Wagen zukommen.
Mit der Zurückversetzung der unteren Feder-Anlenkungspunkte an der Hinterachse wurde etwas nachgeholt, was Fahrwerks-Spezialisten schon seit längerem für notwendig hielten. In der bisherigen Form konnte die Achse aus konstruktiven Gründen nur einen dürftigen Federungskomfort bringen. Man muss BMW trotzdem eine Pionierrolle auf dem Gebiet der Schräglenker-Hinterachse zuerkennen. Als das Münchener Werk sie vor fünf Jahren herausbrachte, beschritt es damit Neuland. Heute beschäftigen sich viele Konstruktionsabteilungen mit solchen Achsen, und so ist es kein Wunder, dass ihre Probleme jetzt besser erforscht sind.
Federweg auf 20 mm verlängert
Noch immer ist Komfort nicht die starke Seite der Schräglenkeraufhängung. Ihr Vorteil liegt in der geringen Sturz- und Spurveränderung beim Einfedern, und sie bietet damit bessere Voraussetzungen für gute Fahreigenschaften als die Pendelachse. Gegenüber der Starrachse liegt das Plus in den kleineren ungefederten Massen, also in der geringeren Neigung zum Springen und Schütteln.
Bei der BMW-Achse wurde der Federweg auf 20 mm verlängert. Man wird jedoch enttäuscht, wenn man aufgrund dieser Tatsache ein butterweiches Fahren erwartet. Offensichtlich wurde nämlich im Interesse der Fahrsicherheit eine harte Stoßdämpfereinstellung gewählt, die kurze Fahrbahnstöße sehr deutlich spürbar werden lässt. Besonders bei langsamem Fahren macht der Wagen keinen sehr komfortablen Eindruck. Bei schnellem Fahren dagegen, etwa auf Autobahnen mit schlechter Oberfläche, zeigt sich, dass mehr Unebenheiten geschluckt werden als früher. Auch empfindet man den Komfort als wesentlich besser, wenn der Wagen belastet Ist. Wir könnten uns vorstellen, dass ein automatischer Höhenausgleich dem Gesamtkomfort des BMW 2000 sehr nützlich sein würde, denn eine solche Einrichtung macht es unnötig, für das Fahren mit voller Belastung Reservefederweg bereitzuhalten.
Eine gewisse Komfortverbesserung dürfte auch durch die Gürtelreifen erreichbar sein, die für den 2000 auf Wunsch geliefert werden; Für schnelles Fahren ist nämlich ein ziemlich hoher Luftdruck notwendig (1,8/ 2,0 atü), der bei konventionellen Reifen den Komfort verschlechtert. Gürtelreifen, die ja weichere Flanken besitzen, reagieren in dieser Hinsicht nicht so stark auf den Luftdruck. Abgesehen vom Komfort hatten wir von den Metzeler-Normalreifen des Testwagens einen guten Eindruck: Sie hafteten auch auf nasser und glatter Straße ausgezeichnet und hatten nicht die unangenehme Neigung zum Quietschen, die bei Normalreifen seit einiger Zeit wieder häufig zu finden ist.
Kurvenfahren macht Spaß
Von Anfang an verdiente der BMW-Lob für seine Fahreigenschaften, und daran hat sich auch bei der -neuen Ausführung nichts geändert. Das Fahrverhalten ist nach wie vor neutral und sehr unproblematisch — in zu schnell gefahrenen Kurven bremst sich der Wagen weitgehend von selbst ab. Falls eine kleine Übersteuer-Reaktion auftritt, lässt sie sich durch etwas Gegenlenken sehr gut unter Kontrolle halten. Der BMW ist ein Auto, mit dem das Kurvenfahren spaßmacht und in dem sich jeder halbwegs begabte Fahrer von Anfang an wohl und sicher fühlt. Ganz ausgezeichnet ist der Geradeauslauf bei hoher Geschwindigkeit. Betrachtet man das Gesamtbild von Fahrkomfort, Fahreigenschaften und Fahrsicherheit, dann muss man anerkennen, dass die neue Auslegung von Radaufhängung, Federung und Stoßdämpfung einen echten Fortschritt gebracht hat.
Unbedingt möchten wir dem 1800 die gleichen Verbesserungen wünschen (möglichst ohne Preiserhöhung!). Er wäre dann, von den Ausstattungsunterschieden abgesehen, dem 2000 nahezu gleichwertig. Die schärfste Konkurrenz des 2000 wird zweifellos der 2000 TI sein, der nicht die Ausstattungsverbesserungen, dafür aber den leistungsfähigeren Motor besitzt, über ihn werden wir baldmöglichst einen zusätzlichen Bericht bringen, ebenso über die Coupés.
Der 2000 ist der Anfang einer neuen Reihe von BMW-Modellen, und er spielt in dieser Reihe die Rolle der mehr auf Luxus als auf Leistung ausgelegten Limousine. Darum dürfte auch die Automatik zu ihm besonders gut passen. Es bleibt dann vom sportlichen Grundcharakter der BMW-Autos immer noch genug übrig.
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